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Kurze Notizen. 395
Verhältnisse dieser verschiedenen inandergeschachtelten Persönlichkeiten
nicht vermeiden lassen." — Die psychologischen
Ideen Fechner's setzen ein über die menschliche Thätigkeit
hinausgreifendes, centrales Bewusstsein voraus, das nach
seinem Ausdruck ausser der Summe des ßewusstseins der
einzelnen organischen Geschöpfe auch das Bewusstsein der
gesammten Beziehungen dazwischen einschliesst. Dieses
Wesen bezeichnen wir als Gott, „dessen unendliches und
ewiges Dasein das gesammte endliche und zeitliche Dasein
nicht sich äusserlich gegenüber, noch äusserlich unter sich,
sondern in sich aufgehoben und sich untergeordnet hat, sodass
, so weit und hoch man das Dasein endlicher Dinge
verfolgen und durchmessen will, das göttliche Dasein darüber
hinausreicht." — So hören auch dementsprechend die psychischen
Erscheinungen nicht mit der blos animalischen
Perception auf, sondern bestehen als Formen jedes Seienden,
wenn auch in verschiedenen Intensitätsgraden; auch für
Gott existiren die Vorgänge der Licht- und Aetherwelt mit
ihren psychischen Beziehungen, auch die Reihe der Gestirne
führt ein beseeltes Leben. Und wie unsere singuläre Existenz
nach ihrer chronologischen Begrenzung durch Gebart und
Tod nicht aufhört und dem Nichts verfällt, sondern als ein
unverbrüchlicher Theil des grossen Kosmos, auch in seiner
Besonderung, nur verständlich wird, so setzt sich diese
Form des Daseins in einer höhern und intensivem Entwicklungsstufe
fort, da es widersprechend ist, einen solchen
Entwicklungsprozess, d. h. eine Entfaltung von bestimmten
Kräften, plötzlich mit dem Nichts abschliessen zu lassen.
Aller Irrthum und alle Sünde ist nur Folge unserer jeweiligen
beschränkten und verkehrten Auffassung, die schon
um deswillen einer spätem erleuchteten Erkenntniss weichen
muss, und alles Schlechte ist als solches durch die eigene
Notwendigkeit seiner Existenz da, nicht etwa mit Gottes
Zulassung. Diese Nothwendigkeit begründet sich darin,
dass es fortwährend durch die wechselnde Actualität des
Guten, welches sonst nicht zur Entfaltung kommen würde,
absorbirt und schliesslich völlig aufgelöst wird. In den
Ideen der Wahrheit, Schönheit und Güte gipfelt sich (ob- #
jectiv) das göttliche Wesen, und in Glaube, Liebe und
Hoffnung das (subjective) Verhältniss des Menschen zu Gott.
— Der Pessimismus hat dem psychischen Werthe der
Illusion eine völlige Verkennung zutheil werden lassen;
statt in ihr den häufig sehr wirksamen Stimulus für neue
Entschlüsse und Handlungen zu erblicken, wird immer nur
einseitig das subjective und trügerische Element in ihr betont
. — So Th. Achelis in seinem II. Artikel: „Die Fechtier'-
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