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Wittig: Der Spiritismus i d. Beleuchtung d. Europa-Chronik. 407
zudrücken oder aufzuheben. Erklärt ist aber bekanntlich
doch noch nicht Alles, was in den öffentlichen Vorstellungen
und Privatsoireen der Medien geleistet wurde und der modernen
Mystik zu neuen Lehren und Theoremen verholfen
hat. Verschiedene dieser vermeintlichen Räthsel werden
auch wohl von der Wissenschaft aus niemals gelöst werden
können, weil diese, wie dies auch bereits von Wundt hervorgehoben
wurde, gar nicht die Mittel besitzt, den Geheimnissen
einer hoch entwickelten Taschenspielerkunst auf die
Spur zu kommen." — Herr Prof. Wundt wäre sonach eher
im Stande, uns alle Geheimnisse des Seelenlebens zu erklären
, als die Räthsel mediumistischer Taschenspielerei?
Wir haben immer geglaubt, dass jene schwierigere, ja die
schwierigsten Räthsel des Menschenlebens seien, — und
nun werden wir umgekehrt belehrt, dass es für die Wissenschaft
nicht möglich sei, den Geheimnissen einer so hochentwickelten
Taschenspielerkunst auch nur auf die Spur zu
kommen, geschweige sie zu entlarven« Entlarvt sind sie
also in der That noch nicht — der fromme Wunsch dazu
liegt nur in dem Worte „Taschenspielerei!" Wir nehmen
uns das gern ad notam!
Damit wir aber die Taktik der ä priori-Gegner selbst
der echten Erscheinungen des Mediumismus genau kennen
lernen, lassen wir unseren Herrn Recensenten sich selbst
weiter expektoriren: — „Bleiben aber trotzdem noch verschiedene
den Medien gelungene Experimente übrig, die
nicht unbedingt auf diese Rechnung (des Taschenspielerbetrugs
) zu setzen sind, so stimmen wir nur einem bereits
anderwärts*) geäusserten Urtheü über Kirchners Untersuchung
bei, dass er die Gewissheit einer durchaus natürlichen
Begründung solcher Punkte nicht sicher genug
betont und dadurch wider Willen der abenteuerlichen oder
betrügerischen Phantastik manches Zugeständniss gemacht
habe." — Ein sehr billiges, sehr bequemes und in der That
*) Wir vermuthen, dass er dieselbe Recension meint, welohe in der
ersten Beilage zur „Vossischen Zeitung11 in Berlin, No. 565 Sonntag
den 2. December 1883 über Lie. Dr. Friedrich Kirchner**; Abhandlung
erschienen ist. Dort heisst es kurz und bündig: — „Die Defensivstellung
gegen den Spiritismus wird aber immer eine Lücke haben,
wenn man die Glaubwürdigkeit der Berichte über aufgehobene physikalische
Gesetze nicht entschieden bestreiten, nicht auch sie auf Taschenspielerei
zurückführen kann". — „Ganz ist es auch jetzt nooh
nicht gelungen, in den von den Spiritisten behaupteten Thatsachen
das wirklich Thatsächliohe ven dem Erschwindelten scharf zu scheiden."
— 0 Schwindel über Schwindel! Es fehlte nur noch die offene Aufforderung
, wirkliche Thatsachen einfach zu Schwindel zu stempeln,
und man wäre dann die leidige Streitfrage los! —
Gr. C. WiiUg.
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