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Wittig: Der Spiritismus i. d. Beleuchtung d. Europa-Chronik. 413
nun zwei oberste Theorien gegenüber, welche die Sache
erklären wollen: die Geisterhypothese und die Psychetheorie
eines Crookes und Cox, nachdem wir die Schwindel-
und ßetrugstheorie in diesem Falle hoffentlich los sind. Hier
gilt es, ernstlich zu studiren und die Fälle für und wider
reiflichst abzuwägen» Hic haeret aqua! Mit unseren a priori
Vernunftbegriffen waren fast alle neuen Entdeckungen nicht
zu vereinbaren; hatte man aber deshalb wirklich vollbegründete
Ursache, sie abzuweisen und hinter der angeblichen
Thatsache einen Schwindel zu vermuthen ? Der Herr Kritikus
verwundet sich nur mit seinen eigenen Waffen, wenn
er behauptet, die Annahme, dass Jemand eine Sprache
sprechen und verstehen könnte, von der ihm niemals irgend
eine Kenntniss geworden, sei absolut mit unseren Vernunftbegriffen
nicht zu vereinigen, — die Geschichte der Mystik
sei kein Beweis, and es werde mit Recht darauf hingewiesen,
dass dieser Beweis aus den Acten und Erfahrungen grosser
und lange bestehender Krankenhäuser geführt werden müsste.
Haben etwa die Acten und Erfahrungen der Kranken- und
Irrenhäuser bis zu Ranseris Auftreten etwas über den von
ihm jetzt acceptirten Hypnotismus gelehrt? Nicht das
Mindeste! Und in England und Amerika kennen wir Fälle
genug, wo seltsame mediumistische Erscheinungen ganz unschuldiger
Art zu Verbrechen und Wahnsinn gestempelt,
und wo Gefängnisse und Irrenhäuser die armen falsch be-
urtheilten Opfer verschlangen. Nach solchen Leistungen
gewisser Vertreter der materialistischen Wissenschaft wird
man es uns hoffentlich verzeihen, dass wir unsere eigenen
Forschungswege gehen und auf diesen Thatsachen und Beweise
für Theorien sammeln, welche der bisherigen etwas
stationären wissenschaftlichen Aufklärung neue Lichter und
Brillen aufzustecken geeignet sind, wie die Forschungen
und Experimente eines Richters Cox über die Psychische
Kraft, die Versuche eines Dr. Fahnestock mit statuvolischen
Zuständen, welche die eines Mesmer und Braid berichtigen
und erweitern, und die Studien der Gesellschaft für psychische
Forschung in London über das so interessante Gebiet der
Gedankenübertragung. Nur von hier aus dürften wir zu
einer richtigen Aufhellung der noch so dunklen mediumis-
tischen und spiritistischen Erscheinungen gelangen, welche
aus der täglichen Erfahrung des Volkslebens durch kein
Humbug- und Schwindelgeschrei zu vertilgen sind. Trotz
des Kopernikus* Erklärung geht die Sonne noch heut' wie
zu Adanis Zeit für unsern Sinn auf und unter, und trotz
aller Hypothesen erscheinen dem Volke Geister. Sind diese
ehrlich beobachte en Erscheinungen desKalb Schwindel —
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