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474 Psychische Studien. XI. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1884.)
was er gesehen hatte, und als man dann die Taschen der
B u d a untersuchte, fand man eine gewisse Zahl mit geheimnissvollen
Zeichen beschriebener Zettel, welche man zerriss.
Die Alte verlor darüber don Verstand und starb bald darauf.
Man erzählt, dass diese Buda bei Lebzeiten viel Böses ge-
than habe, und dass man sie in dem Dorfe duldete, weil
sich ihr Sohn Ali Neschri für sie verbürgt hatte. — Im letzten
Jahre entdeckte man eine Buda in Hodeida. Unter guter
Escorte Hess sie der Stadtpräfekt von Hodeida in ihre Heimath
zurückschaffen, wo sie dem Scheich des Muazebestammes
zur Bewachung übergeben wurde." —
Nach Dr. Mordtmanrüs weiterem Bericht giebt der
„Sana'a" an, dass er allen diesen Dingen keinen rechten
Glauben habe schenken wollen. Er habe sich daher an
einige Ulema's und höhere Personen des Tehama ge*
wandt und folgende Auskunft erhalten: —
„Zur Zeit der berühmten Imams Ibn Hidjr und Fakhrel
Razi Hess man vor die G-esetzesgelebrten El Feraß Abdullah
Ben Suleyman Djermezi, Ishak ben Mehemed Djaghman und
Ibn Sid el Ansari einige von diesen alten Weibern kommen
und jeder einen Gfranatapfel vorlegen. Als man dieselben
aufbrach, sah man mit Erstaunen, dass einige von den
Granatäpfeln leer waren, andere nur schwarze, verdorrte
Kerne enthielten. Die Schriften der citirten Gewährsmänner
geben an, dass der böse Blick dieser Weiber die Vögel
vom Himmel todt niederfallen lassen und grosse Bäume
entwurzeln kann. Es steht geschrieben, dass eine Buda
ihren Mann in einen Esel verwandelte und im Stalle anband.
Auf vielfaches Bitten seiner Verwandten hob sie die Verwandlung
wieder auf, jedoch nicht ohne ihrem Manne gewisse
Bedingungen auferlegt zu haben." —
Herr Dr. Mordtmann meinte nun zwar Eingangs seines
Artikels: — „Wir lassen das Wort dem Blatte, dessen
intellektuelles Niveau den berichteten Vorgängen vollkommen
adäquat ist,44 — wodurch er gleichsam seinen vollständigen
Unglauben an diese Berichte ausdrückt; aber er kritisirt
sie leider nicht und giebt uns keine Aufklärung der berichteten
Vorgänge, die sicher nicht bloss aus der Luft
gegriffen sind. Immer ist Etwas daran. Zuerst ist es der
feste Glaube der Leute, welcher von Generation zu Generation
überliefert und ihnen gleichsam in Fleisch und Blut
übergegangen ist, dass gewisse scharfe Blicke alter Frauen
tödtlich oder wenigstens unheilbringend sind. In allen
slavischen und südlichen Ländern, in Griechenland, Italien
und Spanien bis nach Frankreich hinein ist noch heute der
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