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478 Psychische Studien. XL Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1884.)
empfindung und des Bewusstwerdens gegeben zu haben,
können wir doch mit der Hinnahme der Thatsache
die weiteren Vorgänge im Seelenorgan leichter einsehen."
— „Der Effect der Selbstempfindung eines Vorganges in
der Nervenzelle, einer ins Bewusstsein tretenden Zellenfunktion
ist ein dreifacher. Erstens: die sog. spezifische
Sinnesenergie, die Empfindung der Reizungsqualität als
Licht-, Ton-, Geruchs-, Geschmacks-, Tast- und Wärmeempfindung
mit der analogen Aeusserung für quantitative
Erregung. Zweitens: die Empfindung der Erregungsenergie,
der Integrität, Ungestörtheit der Leitung und Funktion,
deren Steigerung oder Hemmung; das jedes bewusste Empfinden
begleitende Gefühl der Befriedigung, Lust oder Unlust
. Drittens: die Fähigkeit, empfangene Eindrücke festzuhalten
im sogenannten Nachbild, gewordene Eindrücke
bei erneuter Reizung in gleicher Weise zu reproduciren im
Erinnerungsbild, dem Element des Gedächtnisses.—
Die sinnliche Wahrnehmung erhebt sich zur sinnlichen
Vorstellung in neuen Gangliengruppen. Aus der Per-
ception, d. h. dem Bewusstwerden des äusseren Eindruckes,
wird die Apperception, d. h. die Erfassung desselben durch
die Aufmerksamkeit. Hier verhält sich das Perceptions-
centrum als periphere Zuleitung. — Bereits seelisch gewordene
, d. h. bewusste Vorgänge werden das Object
weiterer Verarbeitung. Es vollzieht sich ein Assimilations-
prozcss, indem die Elemente der Sinneseindrücke durch die
Aufmerksamkeit fixirt, objectivirt und nach den Gesetzen
der Coordination gruppirt werden." — »Wir sehen leicht
ein, warum sinnliche Vorstellungen den Character des
Trügerischen, Unvollkommenen haben können, wTarum dieselben
nicht bei einem Individuum genau so wie bei einem
anderen sein werden. Einmal können Fehler in der Con-
struction des Sinnesapparates unvollkommene Leitung übermitteln
, dann können Störungen in den Perceptionszellen,
mangelhafte Anlage oder pathologische Veränderungen im
Apperceptionsapparat auf die Entstehung von Sinnesvor-
stellungen modificirend einwirken." —
„Abnorme Reizbarkeit im Centrum sinnlicher Wahrnehmung
lässt entweder die Nach- und Erinnerungsbilder
zu lebhaft erscheinen, so dass dieselben wegen ihrer Intensität
nicht mehr von den realen Sinneseindrücken unterschieden
werden können, —: Zustände, die man als H a 11 u-
cination bezeichnet, — oder es treten fehlerhafte Ooor-
dinationen des Empfundenen im Vorstellungs-Centrum ein,
wodurch Illusionen entstehen. - Die Nach- und Erinnerungsbilder
klingen in der Hegel schwach wieder, doch
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