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540 Psychische Studien. XI. Jahrg. 11. Heft. (November 1884.)
Ob Allan Kardeds „Buch der Geister" und die anderen
Schriften desselben nicht von dem Studium solcher Lehren
und von der Durchsickerung derselben bis zu seinen Medien
mit beeinflusst wurden? Das hohe Alter derselben lässt
sie um so ehr- und nachahmungswürdiger erscheinen. Auch
Okkultisten schöpften unbewusst aus dergleichen Lehren
und Vorstellungen.
Was Dr. Boehnhe-Reich weiter vom Grafen von Saint-
Germain berichtet, welcher am Hofe Ludwins XV. (1715-
1774) erschien, erscheint uns in seiner Allgemeinheit von
ihm ziemlich zutreffend. „Er spielte, durch die Marquise
de Pompadour begünstigt, eine gewisse Rolle, indem er,
wie Memoiren jener Zeit besagen, weder die zudringliche
Frechheit eines Charlatans, noch die stürmische Beredsamkeit
eines Fanatikers, noch auch den Reiz besass, der Halbgebildete
verlockt. Er beschäftigte sich hauptsächlich mit
Alcbemie, vernachlässigte jedoch andere Zweige der geheimen
Wissenschaften dabei nicht. Er Hess Ludwig XV.
in einem Zauberspiegel das Schicksal seiner Kinder sehen,
und der König bebte entsetzt zurück, als er das Ebenbild
des Dauphins ohne Kopf erblickte.*) — Saint-Germain und
Cagliostro hatten sich in Holstein getroffen, und der erstere
soll letzteren unterrichtet, ihm die Grade der mystischen
Geheimnisse ertheilt, und ihn in den Gebrauch des Zauberspiegels
eingeweiht haben, in weichem er Geister citirte.—
Saint-Germain behauptete, durch vielfache frühere körperliche
Existenzen gegangen zu sein, und erzählte seine mannigfachen
Abenteuer, die er seit Beginn der Welt erlebt.
Ei$es Tages befragte man seinen Diener über etwas, das
der Graf aus der Zeit des Julius Caesar als eigenes Erleb-
niss mitgetheilt hatte; dieser antwortete den Neugierigen:
,Entschuldigen Sie, meine Herren, ich bin erst seit dreihundert
Jahren im Dienste des Herrn Grafen!' — Die
Versammlungen, in welchen Saint-Germain seine Theorien
vortrug, fanden in Paris in der Eue Plätriöre und auch in
Ermenonville statt." — Die weiteren Berichte des Verfassers
über Cagliostro, den Begründer der berühmten „ägyptischen
Loge," und dessen Frau, welche am 7. Augubt 1785
11 Uhr Abends eine weibliche Loge mit 36 Damen in
einem grossen Gebäude der Eue Verte Saint-Honore gründete
, sind nach den Schilderungen von Zeitgenossen, deren
*) Man sehe noch unseren Artikel über Saint-Germain in „Psych.
Stud." Jahrg. 1882 S. 90 ff. Ferner über Saint-Germain's angebliche
Beziehungen zu Goethe und dem Herzog Karl August, sowie zu den
Höfen des Landgrafen von Hessen und in Schleswig in „Die Gartenlaube
" No. 39—43, 1884. — Der öekr. d. Bed.
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