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570 Psychische Studien. XL Jahrg. 12. Heft. (Dezember 1884.)
die grosse Ungeschultheit dieser Nation (Sachkenner ausgenommen
) kennt, wird auch, wissen, wie leicht es möglich
ist, ein musikliebendes, aber nicht selbst übendes Publikum
mit dergleichen Renommagen zu täuschen. Selbst Herr
von Langsdorff ist in „Licht, mehr Licht!" in No. 18 vom
3. Februar 1884 auf Grund (etwa eigenen Musikverständ-
nisses und von Selbstbeobachtungen? nein! sondern auf
Grund) von Berichten im Philadelphiaer „Mind and Matter"
[einem seit der Zeit in Folge seiner vielen Uebertreibungen
eingegangenen Journale] von Seiten eines ganz unbekannten
Herrn Ino Waldren geneigt, an die Wiedererweckung der
seeligen Musik-Geister der Sonntag, Malibran, Pavera, Rosa,
Kate Haye's und anderer grosser Primadonnen „durch seine
männliche Kehle", ja sogar an die reellen Gesangs Wirkungen
des famosen Bassisten Lablache mit 4 Octaven, an das
Spiel des unsterblichen Mozart und den brillanten Vortrag
eines Gottschalk, Talberg und Mendelssohn derart fest zu
glauben, dass er uns folgendes NB. beibringt, nachdem er
noch berichtet, dass Jessie Shepard sich ins Privatleben
zurückzuziehen gedenke: — „Dies würde aber seiner Intention
, nach Europa zu kommen, widersprechen. Wahrscheinlich
wird er sich für eine Zeit lang zurückziehen,
„um sich für die europäische Reise zu kräftigern Namentlich
für Deutschland (Leipzig) wäre gegenwärtig eine
„solche aussergewöhnliche medianime Kraft das beste Mittel,
„um unsere Tsychiker' in die ihnen zukommende Ecke zu
„drücken." — So Herr von Langsdorff. In der That wäre
ein solcher Kraftbeweis, wenn er eine volle Wahrheit wäre,
auch für Leipzig ein Beweis. Dennoch schlagen wir Herrn
v. L. lieber vor, den ersten Versuch mit dem fistelstimmigen
und klaviergeübten Herrn Jessie Shepard lieber vorerst bei
sich in Fr ei bürg i. B. zu machen. Und wenn er dort
auch nur einen einzigen hervorragenden Musikkenner von
Geisterwirkungen in der Musik überzeugt, der ihn
nach Leipzig empfiehlt, wollen wir uns gern in Leipzig in
die dunkelste physische Ecke des neuen Musikconservatoriums
drücken lassen, um Zeuge seiner hiesigen Triumpfe zu sein!
Aber wir fürchten, Mr. Jessie Shepard kommt nicht,*)
*) „Licht, mehr Licht!tt schreibt in No. 1 v. 15. Okt. er. S. 16:
— „Medium Herr Jessie Shepard schreibt uns aus New - York vom
10. September d. J. Er hat augenblicklich für längere Zeit Engagements
in Philadelphia, ist aber nicht abgeneigt, Europa wieder zu besuchen
, woraus iln die Cholera letzten Sommer vertrieben hat. Dieses
Motiv seiner plötzlichen Abreise war uns unbekannt geblieben," —
Wir erstaunen, dass „Licht mehr Licht!" überhaupt gar nichts von
dieser seiner europäischen Anwesenheit gemeldet hat, und dass es das
Motiv, die ihn beherrschenden grossen Geister hätten sich oder für
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