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St. Marion und sein Weihwasser,
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besprengte. Der Renntag kam heran, und da die Manipulation
des Christen kein Geheimniss geblieben war, so
war das gesammte Volk auf den Beinen, der Oircus voller
als je. Die Führer des Italiens hatten guten Muth und
entwickelten grosse Geschicklichkeit, so dass ihre Rosse die
Gespanne der Heiden weit hinter sich zurück Hessen. Das
Volk aber, dem der glänzende Sieg nicht wenig imponirte,
rief aus: „Mamas ist von Christus besiegt!" Die Heiden
aber Hessen die Köpfe hängen und waren um so niedergeschlagener
, als sehr viele ihrer Mitbürger sich taufen
Hessen, da sie sich von der Macht des höheren Gottes überzeugt
hatten." —
Hier müssen wir nun bei den von uns zum Texte gesetzten
(??) vorerst bestreiten, dass die damalige Zeit in
Bezug auf sogenannte Wunder leichtgläubiger und kritikloser
gewesen wäre als unsere heutige Zeit. Auch war es
nicht blos die Ansicht, der blinde Glaube des Volkes, dass
es sogenannte Wunderthäter gebe, sondern es gab damals
eher mehr als heut zu Tage Personen mit merkwürdigen
statuvolischen Begabungen, wie sie uns Dr, Fahnestock im
Jahrgange 1883 der „Psych. Studien" (bei Oswald Mutze in
Leipzig als extra Broschüre mit Anmerkungen und Vorwort
erschienen) ausführlich erörtert hat. Fast alle christlichen
Heiligen waren mehr oder weniger solche statuvoHsche oder
somnambule Wunderwirker, welche ihre in Natur- wie
Geisteswissenschaft noch wenig aufgeklärte Zeit in volles
Erstaunen setzen mussten. Wess spezifischen Glaubens nun
ein boicher Wunderwirker war, demselben Glauben fiel das
ihn umgebende vertrauensselige Volk als dem vermeintlich
allein wahren zu. Eine alles vergleichende Wissenschaft
gab es noch nicht. Wir sehen Aehnliches ja noch heute
in diesen Tagen Slade's, Hansen*s, Bastian1 s7 Cumberlandfsf
Eglintorts und des sudanischen Mahdi, welcher die ganze
Welt in gespannte Bewegung versetzt. Es ist ein grober
Irrthum, wenn der geschätzte Mythen- und Sagenforscher
Bodinm es der blossen Kritiklosigkeit jener Tage zuschreibt,
dass keine Partei die Wahrheit jener Wundergeschichten
bestritt: — keine Partei konnte ihre Wahrheit bestreiten,
weil eben ähnliche Vorgänge stattfanden. Das woUen die
a priori Leugner und mechanischen Weltconstructeure von
ihrem fixen Standpunkte aus nicht zugeben und begehen
lieber die Inconsequenz, Thatsachen zu leugnen, als dieselben
vorerst zu beobachten und dann erst von ihrem Standpunkte
aus zu erklären. Wir sind nun fest überzeugt, dass Hilarion
eine Art mediumistischer oder psychischer Wundergabe
besass, die er vermittelst seines Weihwassers durch seinen
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