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6 Psychische Studien. XIII. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1886.)
In den Frühling meines Daseins
Musst' der Lebens Herbst mir fallen,
Holdes Minneglück', ich sah keins,
Oed* wirdjmeine Klag* verhallen.
Keines Engels frohe Weisen
Haben meinen Geist gelichtet,
Eh* ich Liebe konnte preisen,
War mein Lebensglück vernichtet.
Weil auf meinem Dornenpfad
Ich ein Herz nicht nannt' mein eigen,
Kannt' mein Schicksal keinen Rath,
Als hinab ins Grab zu steigen.
Nichts braucht mir den Weg zu schönen,
Ich gedenke jener Zeit.
Dann ergreift mich stilles Sehnen
Nach des Friedhofs Einsamkeit.
Wann ich nochmals weinen könnte!
Doch der Thränquell ist versiegt.
Will verzeihen vor dem Ende
Ihr, die also es gefügt. —
Wir waren natürlich sehr überrascht, und ich bin es
eigentlich heute noch. Von Wilhelm Müller war uns Allen
nichts weiter bekannt, als dass er der Verfasser der
Schubertlieder ward, und auch heute noch weiss ich über
seine Schicksale nichts und wäre dem Herrn Redacteur
sehr dankbar, wenn er in einem Musiklexikon nachschlagen
und eine diesbezügliche Anmerkung machen würde.*)
Die zwei poetischen Aeusserungen wurden in mehreren
Abschriften verbreitet, weiter aber kein Gebrauch davon
gemacht, und erst heute ziehe ich sie aus meiner Mappe
heraus, da ich gerne Jemanden finden möchte, der mich
durchs Dunkel weist, um mit den Worten des Gedichtes
zu reden. Es drängen sich mir, und gewiss auch dem
Leser, zu viele Fragen auf, um sie alle aufmarschiren zu
lassen; ich lasse nur einige über die Klinge (die Feder)
springen:
1. Existirt dieses Gedicht schon irgendwo?
2. Hat es der Schreiber (Herr F.) unbewusst gefertigt
?
*) Uns steht ein solches leider nicht zur Verfügung. Aber jede
Literaturgeschichte und jedes Conversations-Lexicon berichtet über
Wilhelm Müller und seine Lebensschicksale. — D. ß.
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