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Wittig: Seelische Wirkungen auf der Bühne etc. 25
Herr Dr. /. B. B.} wie es scheint ein in Leipzig lebender
und für Amerika schwärmender Spiritualist, erhebt
diese letztere Frage, berichtet, ihm sei diese Erzählung
als Ausschnitt aus einer in Chicago erscheinenden Zeitung
durch einen Freund im Laufe des Sommers 1885 zugegangen
, lobt die amerikanische Zeitungspresse geradezu
über alle Maassen, weil sie „diese gewiss hochinteressante
und in ihrer besonderen Art im Spiritualismus einzig dastehende
Geschichte" der ganzen englischen Zeitungs-
litteratur bis in die entlegensten Winkel der Erde übermittelt
habe, „während die gesammte Zeitungslitteratur
Deutschlands von derartigen für Religion und Moral
äusserst wichtigen Vorkommnissen, mit Ausnahme von
kaum einem einzigen Prozent, gar nichts berichtet."
Durch ähnliche Geister- und Spuk-Geschichten der
englischen Presse aller Länder sei er lange, bevor er eifriger
Spiritualist geworden, gewissermaassen dazu bearbeitet
und vorbereitet worden. Das glauben wir ihm
unbesehen — nur dass er sich so blind hat hinreissen lassen!
„Nicht immer," fährt er an anderer Stelle fort, „sind die
Redaktionen englischer Tagesblätter, welche Geistergeschichten
oder genaue Berichte spiritualistischer Sitzungen
dem Publikum darbieten, Anhänger oder Gläubige des
Spiritualismus. In der Mehrzahl der Fälle mögen dieselben
sogar die Möglichkeit solcher Meldungen anzweifeln; gleichwohl
fühlen sie sich als Journalisten verpflichtet, ihre Verbindlichkeiten
dem Volke gegenüber, allseitig und nicht
bloss einseitig wie die deutschen Zeitungen zu erfüllen,
indem sie als tüchtige Fachleute Alles sammt und sonders
aufgreifen, was in den Bereich ihres Wirkungskreises
hineinfällt. Das ist der famose Geschäftsgeist der
Yankees und Engländer, wogegen unsere vom Dünkel
der Unfehlbarkeit und des Grössenwahnes mehr
oder minder angekränkelten deutschen Pressorgane als
erbärmliche Stümper erscheinen." —Und einen solchen
„famosen Geschäftsgeist" wagt er in allem Ernst den deutschen
Zeitungsredakteuren zu empfehlen, bloss damit er
ähnliche Mystifikationen ferner unbeanstandet und kritiklos
in ihren Spalten lesen oder gar selbst verbreiten könne!
Der aufmerksame Leser wird an diesem Falle ersehen, wie
schwierig es oft ist, ein solches Gewirre von Fictionen und
Thatsachen wieder in Ordnung zu bringen. Klarheit
und W ahrheit sei das alleinige Motto deutscher Redacteure,
aber nicht gewissenlose Spekulation auf die Wundersucht
und das Sensations-Bedürfniss ihrer Leser. In jedem Falle
muss gleichzeitige Kritik erlaubt sein! Ob wohl der geehrte
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