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80 Psychische Studien. XIII. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1886.)
Hell die wirklichen Geister des Jenseits sein können, das
uns doch nach ihrer eigenen Lehre auf allen Seiten umgeben
soll. Aber die Mediengeister werden uns, da sie
bloss an solche bestimmte Psychiker gebunden sind, bei
weiterer sorgfältiger Beobachtung vielleicht etwas ganz
Anderes lehren , als wir in ihnen jetzt noch buchstäblich
suchen oder was sie uns selbst gläubig darzustellen belieben,
nämlich die Wirksamkeit uns bis jetzt noch verschleierter
eigener Seelenkräfte in Personen, deren Sehnsucht
und Ideale sich selbst bis zu einer plastisch sich vor
Anderen projicirenden Phantasiewelt steigern können, wie
sie auch Heroen, Dichter, Künstler und religiöse Genien
ihrer Mitwelt d urch ähnliche angestaunte ideale Neuschöpfungen
vorzuzaubern wissen.
Wie kommt es aber dann, dass derselbe Herausgeber,
welcher obige Geister - Mikroskop- und Heirathsgeschichten
als möglich aufnimmt ohne ein weiteres Wort der Kritik,
in No. 44 der „Neuen spiritualistischen Blätter" v. 29.
October 1885 S. 4 in seinem Artikel: „Der Stein der
Weisen" ganz Aehnliches bezweifelt und unmittelbar nach
diesen Geister-Materialisationswundern Folgendes druckt:
— „Wie wahnwitzig die Hirngespinste waren, zu denen
sich sonst verständige Menschen unter dem Eiiflusse ihres
Zeitalters verstiegen, beweist der Glaube, dass man auf
chemischem Wege Menschen erzeugen, und dass ein auf
diesem Wege hervorgebrachter Mensch zum Besitz des
Steines der Weisen verhelfen könne. Theophrastus Paracelsus,
einer der bekanntesten Alchymisten,*) hat sogar ein Recept
zur chemischen Herstellung von Menschen hinterlassen.
Diese Vorstellung benutzte Goethe, indem er, um den pedantischen
Materialismus zu verspotten, Wagner im zweiten
Theile des ,Faust* einen Homunculus fabriciren lässt." — Die
neueren Theosophen Indiens glauben an solche „Homunculi"
unter den Namen von „Elementals" und „Elementaries."**)
Wenn solche überhaupt bei sogenannten unvollkommenen
Materialisationen entstehen, so ist es doch gleichgiltig, ob
die sie ins Leben rufenden Medien oder Adepten dabei
chemische Stoffe mischen oder nicht, wie es bei Erzeugung
des Hypnotismus bekanntlich gleichgiltig ist, ob man auf
einen Knopf oder Krystall oder Spiegel oder in ein Wasserglas
oder auf sonst einen Gegenstand fest blickt. Der
statuvolische Zustand erzeugt eben solche halb kaum
*) Ueber ihn bringen wir demnächst einen besonderen, die Ehre
Beines gar gesunden Verstandes retienden Aitikel in „Psjch, Stud.*
März- oder ApriHleft 1886.
**) Vgl. „Psych, Stud.41 Oetober-Heft 1885 Ö. 467.
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