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106 Psychische Studien. XIII. Jahrg. 8. Heft. (März 1886.)
Ich wusste auch recht gut, dass ich nur die Abendlampe
anzuzünden brauchte, um den Teufel in mir zu vertreiben
oder wenigstens um ein Bedeutendes zu beruhigen;
allein meine Gattin im anstossenden Zimmer wäre sofort
davon wach geworden und der Nachtruhe beraubt gewesen;
das wollte ich aber nicht, und darum unterliess ich das Anzünden
der Lampe. Es war in früheren Zeiten wohl allgemein
Glaube, dass der böse Feind in der Finsterniss mehr Macht
über den Menschen habe, als im Lichte.
Ueberall, wo ich hinblickte, regte sich etwas so unheimlich
persönlich, sprang eine Gestalt auf, oft mir nach dem Gesichte.
Ich biss die Zähne zusammen und drückte mit dem Willen
gegen die Nerven, was zur Folge hatte, dass der Teufel
in mir sich ruhig verhielt, ohne jedoch seine Anwesenheit
aufzugeben. Ganze Bündel von persönlichen Pferdefüssen
zogen vor meinen Augen dahin, mir ein ganz neues Schauspiel
. So hatte ich einen Teufel in mir und Teufel um
mich. Ich schloss die Augen, und das milderte den Eindruck
; ich glaube, ich sah nun die äusseren Gestalten nicht
mehr; sicher weiss ich, dass mir das Schliessen der Augen
den Zustand erleichterte; daraus ist ersichtlich, dass der
Eindruck erhöht wird, wenn auch unangenehme Aussenreize
auf die Nerven einwirken.
So kämpfte ich stundenlang gegen dieses böse Nerven-
spiel, von einer nicht geringen Empfindung der Angst und
des Entsetzens gefoltert, so dass ich unwillkürlich Stossgebete
sprach, aber keine erlernten, durch welche ich bedeutend
beruhigt wurde, wenn auch die Phantasmen nicht schwanden.
Die Marter liegt in der Empfindung der Angst und des
Entsetzens, ohne welche ja die Phantasmen ein angenehmes
Schauspiel wären.
Aber ich blieb meinem Vorsatze treu und zündete die
Lampe nicht an, bis ich etwa um drei Uhr einschlief.
Leider weckte ich meine Frau durch einen grässlichen
Schrei, den ich im Schlafe that, während ich mit Händen
und Füssen um mich schlug; meine Gattin hatte Mühe, um
mich zu wecken.
Ich kann mich nicht besinnen, etwas Grässliches geträumt
zu haben, werde mich also wohl im bewusstlosen
Zustande so wild geberdet haben.
Selbstvertändlich zündete meine Frau die Lampe an.
Was dann geschehen, ist mir nicht mehr erinnerlich. Jedenfalls
beruhigten sich die Nerven, während noch eine leise
Empfindung der Angst und des Entsetzens zurückblieb, wie
es gewöhnlich d§r Fall war. Es |§t eine eigeathümliche
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