http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1886/0150
142 Psychische Studien. Xllt Jahrg. 3. Heft. (März 1886.)
Wolf von Loärin sieh mit einem schönen Edelfräulein, ohne
dessen Neigung zu besitzen, einem Familienübereinkommen
gemäss verheirathete. Von Leidenschaft zu ihr entbrannt,
unvermögend, ihre Neigung zu erzwingen, übermannte ihn
in einer bösen Stunde der Zorn, und er schlug ihr seine
.Reitgerte in das Gesicht, so dass sie von dem Schlage er^
blindete. Und ob des Grauens vor seiner Unthat verfiel
der Eitter in brütende Schwermuth und that sich ein Leides,
und als die Blinde dies erfuhr, da lachte sie. Sie wurde
über 100 Jahre alt. Seit dem Tode de^ Ritters sprach sie
nie mehr ein Sterbenswort — aber jedesmal, wenn ein Unglück
das Haus befiel, oder eine seiner Söhne eine Schmach
auf sich lud, hörte man sie lachen. — Diese Blinde war's,
von der man behauptete, sie gehe in Tornow um . . .tt —
Wie dieses Gespenst im innersten Gemüthe der Besitzer
von Tornow sass und in Folge dessen psychisch weiterspukt
als gleichsam angeerbtes Verhängniss und Schicksal dieser
adligen Familie, bleibe der eigenen Leetüre unserer Leser
in dieser echt spiritualistischen, d. h. geistvollen, nicht
speeifisch spiritistischen, d. h. blossen Gespensterspuk aufwärmenden
, und tief psychologischen Schriftstellerin überlassen
.
t) Statuvolence im Schlaf. — Aus Baden wird vom 23.
August 1885 berichtet: — „Ein Beispiel fast undenkbarer
Leichtsinnigkeit wird von der Lochmühle bei Gersbach gemeldet
. Ein 16jähriger Arbeiter, der die Sägemühle selbst
zu bedienen hatte, legte sich dieser Tage auf einen grossen
Baumstamm, der eben langsam durch die grosse Säge gezogen
wurde; der Leichtsinnige schlief ein und erwachte
erst, als die Säge ihm einen Arm durchschnitten hatte!"
k) Robert Waldmüller (Ed. Duboc) erzählt in seinem
neuesten Koman: „Um eine Perle" (s. „Die Grenzboten"
Nr. 20 am 14. Mai 1885) im 21. Kapitel einen visionären
Traum der Tochter Fioriia des letzten der Buonocalsi,
Marcello in Mantua, welcher den Geliebten derselben, einen
Guiseppe Gonzaga, im Zweikampf tödlich verwundet hatte.
Ihr erschienen im Traume der heilige Aloysius von Gonzaga
auf einem scharrenden feurigen Rappen in Zwiesprache mit
der heiligen Agatha, welche ein weisses Lämmlein an einem
silberdurchwirkten Bande führte, über ihren traurigen Fall
berathend, welcher den Vater ins Gefängniss gebracht, weil
er dadurch das regierende Haus beleidigt hatte. „Nach
einer ehrerbietigen Verneigung gegen den in der Wolke
verschwindenden Aloysius wandte sich nun die heilige Agatha
zu der Träumenden, indem sie mit sanften Worten das
soeben von ihnen als Gegenstand ihrer Fürbitte für Fioriia
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1886/0150