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182 Psychische Studien. XIII, Jahrg. 4. Heft. (April 1886.)
Leibeshöhie begrenzen; später werden sieh auch die Schein-
füsse eonsolidiren, zu Flossen, zu Flügeln, zu Greif-, Laufund
Kletterorganen. So erheben sieh höher geartete Klassen,
die nicht so leicht dem Zerfliessen und Zerreissen unterliegen
und ihre Glieder jeden Augenblick bereit haben, über
den grossen Haufen der im alten Zustande verharrenden
Urthiere: der Prozess der Entwickelung, der aufsteigenden
Transmutation, ist im Gange. — Alle die bekannten Erklärungsmethoden
des Darwinismus sollen hereinfluthen
in dieses Bett, das wir hiermit gegraben und in welchem
erst ihre volle Macht zu Jedermanns Ueberzeugung zur
Geltung zu kommen vermag.«
Um den gewaltigen Unterschied zwischen der alten
mechanischen und der neuen psychischen Ansicht zu
erläutern, bringt er folgenden Vergleich: — „Denke man
sich einen eiweissartigen Schleimtropfen über eine
geneigte Fläche nach den Fallgesetzen abwärts gleitend, die
von der Fläche dargebotenen Curven ausfüllend und so
sternartig sich auszackend, dann wieder zusammenrinnend,
über Stoffe wegfliessend, die theilweise von ihm aufgesaugt
werden, theilweise unverändert hinter ihm wieder zum Vorschein
kommen: da ist freilich kein Zielstreben, aber auch
kein Gliedergebrauch; ein solcher Tropfen ist keine Amöbe.
Die Amöbe streckt Füsse aus, auch wo keine Vertiefungen
sind, bewegt sich nicht nur abwärts, vergrössert sich nicht
in's Endlose durch Alles, was mit ihr physisch zusammenzufassen
vermag; sondern nach Erreichung einer bestimmten
Grenze des Wachsthums zerfällt sie in junge Amöben, welche
wieder fressen, kriechen, sich ebenso vermehren. Andere
Arten kapseln sich ein, zertheilen sich im Schutze der
festen Hülle, die von den jugendlichen Nachkommen gesprengt
wird, und diese, mit Geisseifortsätzen begabt, rudern
munter davon. Deutet schon bei diesen einfachsten Lebewesen
Alles auf Willensthaten, was einen gliederartigen
<Gebrauch, des Stolfes bekundet, um wie viel mehr beim
vollendeteren Thier! U. s. w." —
Verfasser weist nach, dass Professor W. Wundis sechs
Axiome der Physik nur soweit gelten, als das Universum
(körperliche) „Natur" und die Wissenschaft derselben
„Physik" sei. Diese schon 1866 aufgestellten Axiome
lauten: 1) alle Ursachen in der Natur sind Bewegungsursachen;
2) jede ßewegungsursache liegt ausserhalb des Bewegten;
3) alle Bewegungsursaohen wirken m der Richtung der
geraden Verbindungslinie ihres Ausgangs- und Angriffspunktes
; 4) die Wirkung jeder Ursache verharrt; 5) jeder
Wirkung entspricht eine ihr gleiche Gegenwirkung; 6) jede
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