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490 Psychische Studien. XIII. Jahrg. 4. Heft. (April 1886.)
kirche in Potsdam, die russische Kirche auf dem Pfingst-
berge; ferner (aus späterer Zeit) die Kirche zu Nikolsköe
und die zu Sacrow. Alle diese Werke, zuerst im Schlosse
der Pfaueninsel aufgestellt, sind später der Kunstkammer
des königl. Museums zu Berlin einverleibt. „Zur Würdigung
der Arbeit muss mau wissen/' — berichtet Herr W. Hahn —,
„dass jedes einzelne der Werke aus mehreren Tausend, man
sagt zehn- bis zwölftausend, kleinen Stückchen Klfenbein und
Perlmutter zusammen gesetzt ist. Sie waren um ihrer
Sauberkeit und Richtigkeit willen so sehr Gegenstand der
Bewunderung und erregten namentlich den Beifall des Kaisers
Nikolaus in so hohem Grade, dass dieser eine Wiederholung
der Arbeiten für eines der Schlösser in Petersburg bestellte.
Friedrich war eine klare und praktische Natur. Was ihm
ganz fera lag, war namentlich alle Hellseherei, alles
Geheimnissvolle. Einmal jedoch musste auch ihm etwas
Unbegreifliches passiren. Er erzählte die Geschichte gern
und Hess die Leute sich ebenso darüber wundern. — Als
das Abbild der Nikolai-Kirche? kürzlich vollendet, noch bei
ihm in der Stube stand, hörte er plötzlich einen feinen,
durch die Luft langsam hinwehenden Klang, so hell, wie
den silbernen Klang einer kürzesten Harfensaite. Was war
es? Er untersuchte den Ort, von welchem der Ton ihm
gekommen zu sein schien. Da siehe! Das Elfenbein-Gebäude
der Nikolai-Kirche hatte einen Riss bekommen, ebenso
und ebenda, wie und wo kürzlich die Mauer der wirklichen
Kirche auf dem alten Markte zu Potsdam. Der
Sprung am Elfenbeinwerk bog sich ohne Zuthun wieder zusammen
, so dass man ihn jetzt mit unbewaffnetem Auge
nicht mehr sieht." — Sollte das nicht ein ähnlicher Fall
sein wie das von uns Jahrgang 1874 der „Psych. Stud." S.
308, 369 ff. berichtete, „von Goethe mitgetheilte merkwürdige
Phänomen an zwei Tischen" ? — Am Schlüsse lesen wir
noch: — „Als er am 12. Februar 1873 Abends, nachdem
man die altersschwache 1789 geborene Frau eben zu Bette
gebracht hatte, starb, wollten Jette und die beiden anwesenden
Töcbter ihre Ruhe nicht stören und unterdessen es darum,
sie zu wecken. Als sie am folgenden Morgen darüber in
Kenntniss gesetzt wurde, schrie sie einmal laut auf, hielt
sich dann aber ruhig und meistens schweigend die Tage
über, während das Begräbniss vorbereitet wurde. — Sie erlebte
den Abend des Begräbnisstages. 'Nun liegt er schon
in der Erde1, sagte sie zu Jette, als diese sie zu Bette brachte.
'Morgen um diese Zeit liegt er einen Tag lang in der Erde.'
Es schien, als wollte sie noch etwas hinzufügen. Aber sie
sank zurück — der treuen Dienerin aus den Armen. Auf
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