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286 Psychische Studien. XIII. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1886.)
dem auf sie gelegten Bann nur befreit werden, wenn man
sie in einem Wasser wusch, dessen Bereitung als ein tiefes
Geheimniss bewahrt wird. Bin Ueberrest aus früherer Zeit
liegt wohl auch noch dem Aberglauben zu Grunde, kraft
dessen früher die Leute aus dem Volke an Sonntagen nicht
eher als nach dem Gottesdienste assen oder tranken. Sehr
schwer lässt sich aber ein Grund oder Anlass für den
Glauben finden, dass, wenn zwei Kinder, welche noch keine
Zähne haben, in derselben Stube sich begegnen, das eine
davon unmittelbar darauf sterben muss. W enn man fischen
geht und Einem irgend Jemand, namentlich aber der
Geistliche begegnet, so hat man unbedingt Unglück. Bei
den Beerdigungen in den ländlichen Bezirken war es üblich,
drei Erdschollen aufzuheben und eine um die andere der
Leiche nachzuwerfen. Viele alte Leute sammeln noch heute
Treibholz oder Schiffstrümmer, um sich ihren Sarg daraus
zu veifertigen — ein Brauch, welcher ohne Zweifel mehr
aus Noth als aus Empfindung entstand u. s. w. — Weiterhin
wird noch auf die Bräuche und Lebensbedingungen
verwiesen, welche Walter Scott uns in seinem Seeräuber
geschildert hat. Das alte Laweting oder Parlament von
Shetland hatte seinen hauptsächlichsten Versammlungsort
auf einer kleinen Insel in dem Tingvall-Loch, emem See
ungefähr (i engl. Meilen von Lerwick. Das Ting wurde
immer unter freiem Himmel abgehalten. Den Vorsitz
führte der grosse Fowd (Vogt) oder Lagman, der höchste
vollziehende und richterliche Beamte der Inseln, und um
ihn schaarten sich, auf steinernen Bänken sitzend, die
Untervögte und Rancelmänner oder niedrigen vollziehenden
Beamten. Zu dieser primitiven Versammlung kamen alle
Udallers oder Freisassen der Vogtei zu Pferde und betrugen
sich mit der Würde und dem Ernst, welcher sich für die
Bedeutung des Anlasses geziemte.". . . „Auf den Orkaden
hiessen die Vollzieher der gerichtlichen Entscheidungen des
Laweting und der niedrigeren Gerichte der Bezirksvögte
nicht Rancelmänner, sondern 'law-rigthmen1, die auch geistliche
Verrichtungen versahen. Als die Orkaden 1614 zu
den Steward-lands oder Privat-Domänen des schottischen
Königs gemacht wurden, Pairik Graf von Orkney, ihr seitheriger
Oberer, die Herrschaft verwirkte und der Obervogt
durch den Oburkämmerer des Königs ersetzt ward, behielt
man die Dienste dieser Rancelmänner noch bei, und es
wurden in den noch vorhandenen Landesakten sehr genaue
und sehr primitive Bestimmungen über deren amtliches
Gebahren ertheilt" Unter diesen Bestimmungen befand
sich auch die: „Sie mussten nachforschen in Betreff aller
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