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Wittig: Friedrich d. Grosse und sein Verhalten etc. 329
Unglücksbote an und meldete, dass der Herzog in jener
Nacht sammt vielen Getreuen Todes verblichen. (Scriptt.
II, 44. Vgl. A. Knöblich „Herzogin Anna von Schlesien"
1201—1265. Breslau 1865. S. 52.)
Die Aeltermutter Hedwig tröstete die weinenden Töchter
mit der Würde einer schwer geprüften Heiligen. Sie stand
ohne SchmeiZ vor ihnen. Ihre Thränenquelle schien versiegt
, kein Zeichen des Grames verrieth sie den Schluchzenden
. Wie sie zur Bahre ihres von Crossen nach Kloster
Trebnitz übergeführten Gemahls vor drei Jahren getreten
und die Nonnen an Ergebung in Gottes Willen gemahnt,
also sprach sie auch jetzt zu den trostlosen Frauen: —
„Es ist Gottes Wille, und uns muss gefallen, was Gott gewollt
, und Gott unserm Herrn gefällt!" — In derselben Stunde
frohlockte sie gottbegeistert mit erhobenen Händen und
Augen: — „Ich danke Dir, Herr! dass Du mir einen solchen
Sohn geschenkt, der mich im Leben stets lieb gehabt und
in grossen Ehren hielt, mich auch niemals betrübt hat.
Hätte ich ihn auch noch so gern bei mir auf Erden, so
gönne ich es ihm doch von Herzen, dass er durch seines
Blutes Vergiessuiig mit Dir, seinem Schöpfer, im Himmel
vereinigt ist. Seine Seele, o Herr, empfehle ich Deiner
Erbarmung!" (Scriptt II, 13.)
Bei diesem Lobgesange der heiligen Mutter auf den
Heldensohn durften Annds Thränen um den todten Gemahl
wohl leiser rinnen. Zahllose Wittwen theilten ihre Trauer.
(Ihre vier theils schon erwachsenen Söhne befanden sich
in der festen Burg zu Liegnitz, welche inzwischen von den
Tartaren vergebens berannt worden war, worauf diese sich
bei dem Anrücken König Wenzens von Böhmen schleunigst
zurückzogen. Das Haupt des erschlagenen Fürsten auf
der Lanzenspitze schwenkend, hatten sie die schleunige
Uebergabe unter schrecklichen Drohungen gefordert; aber
die Belagerten gaben zur Antwort: „Ist auch der Eine
todt, so haben wir doch noch vier Herzöge im Schlosse,
welche wir bis auf den letzten Blutstropfen vertheidigen
werden." Klose, Dokum. Gesch. I. S. 429 ff. 27. Br.) Anna
eilte mit der Mutter auf die Wahlstatt, um Heinrictis
Leichnam unter den Erschlagenen aufzusuchen. Da ihm
die Mongolen das Haupt abgeschlagen, so wird berichtet,
dass sie ihn nur an den sechs Zehen seines linken Fusses
erkannte. {Sommersberg, I., 316.) Ihr Bruder (König Wenzel)
hätte sich am Tage nach Heinriclis Sturze wohl auch um
die Auffindung des verstümmelten Heldenleichnams bekümmern
müssen. Trieb ihn aber die Verfolgung weiter,
dann blieb seiner Schwester allerdings der traurige Vorzug
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