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344 Psychische Studien. XIII. Jahrg. 8. Heft. (August 1886.)
auch Wasser gesucht werden, so wurde diese Frau geholt.
Bei Wasser nahm sie die bekannte Wünschelruthe, bei
einer Grube jedoch nahm sie eine Wasserflasche und sah
an dem Orte, wo gegraben werden sollte, hinein, worauf
sie stets genau angab, was da gefunden werden konnte.
Stets traf es zu. Leider ist es mir nicht möglich, noch
Genaueres über diese Frau in Erfahrung zu bringen. Es
dürfte aber vielleicht ein Leser jener Gegend Näheres
wissen oder in Erfahrung bringen können.
Das Gedankenlesen.
Von Gustav Gressmann jun. in Wien.
I.
Es muss gleich von vornherein erwähnt werden, dass
die Ausdrücke „Gedankenlesen" und „Gedanken-
überiragung", ob zwar vielfach verwechselt, doch keineswegs
gleichbedeutend sind. „Gedankenlesen*4 ist als ein
bewusster aktiver Vorgang zu betrachten, während
„Gedankenübertragung" immer als passiver Prozess
zu bezeichnen ist. Bei Letzterem ist ferner ein Unterschied
zwischen bewusster und unbewusster Gedankenübertragung
zu machen, welcher für die
Erforschung dieser Erscheinungen von bedeutender Wichtigkeit
ist.
Es sind hierbei folgende drei Möglichkeiten zu
berücksichtigen: —
a) die Gedankenübertragung geschieht beiden betheiligten
Personen bewusst;
b) sie ist einer von Beiden bewusst, der anderen
hingegen unbewusst; und
c) sie bleibt beiden Personen unbewusst.
Es ist z. B. möglich, dass beide Personen den be-
wussten Willen haben: die eir»e auf die andere einen
Gedanken zu übertragen, die zweite aber diesen Gedanken
aufzufassen (ad a); oder es kann die erste Person den
Willen haben, in der zweiten einen Gedanken zu erwecken,
ohne dass diese dessen bewusst zu sein braucht (ad b);
oder endlich, e& ist in keiner von Beiden der wissent-
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