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Gessmann: Das Gedankenlesen.
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Gedankenübertragung verweise ich auf folgende Werke:
Du Prel: „Die Philosophie der Mystik"; Ennemoser: „Geschichte
der Magie"; Perty: „Die mystischen Erscheinungen
der menschlichen Natur"; „Blicke in das verborgene Lehen
des Menschengeistes"; Colquhoun: „Die geheimen Wissenschaften
"; Görres: „Mystik"; Schindler: „Magisches Geistesleben
"; Horst: „Zauberbibliothek"; Kieser: „Archiv für
thierischen Magnetismus" etc.
Ein interessanter Bericht des französischen Reisenden
Jacolliot, welcher im Stande ist, einen Begriff davon zu
geben, wie weit die Gedankenübertragung zu gehen vermag,
soll hier noch beigefügt werden. Diese Stelle ist aus dem
Werke: „Der Orient" von Dr. Johannes Baumgarten (S.23U)
entnommen und wörtlich wiedergegeben: —
„Als Ergänzung möge ein etwas späteres Erlebnis3
Jacolliot*s auf Ceylon dienen. Bei einer Sitzung mit dem
Schlangenbändiger Chibh-Chondor* der ihm unter andern die
inDeutschland mit so viel Lärm aufgenommenen Hansen1 sehen
Experimente im Superlativ vormachte, wurde schliesslich
eine Tanigartschi (Magd), eine dicke Malabarin, aus der
Küche heraufgerufen, durch zwei Striche magnetisirt und
mit J. in Rapport gesetzt. Sie sollte nun laut einen seiner
Gedanken aussprechen. Der E^akir stellte die einzige Bedingung
, dass J. denselben im Geiste recht deutlich — in
einer beliebigen Sprache! — formuliren sollte.
„Ich begann also', sagt Jacolliot, 'an den ersten Vers
der Utas zudenken, dessen einzelne Silben ich, ebenfalls nur in
Gedanken, skandirte. Obschon ich seit langen Jahren
Ceylon und Indien bewohnte und mit allen jenen Phänomenen
, die der gewöhnlichste Fakir beliebig hervorbringt,
vertraut war, so muss ich doch darauf verzichten, den Eindruck
zu schildern, den wir Alle empfanden, als das dicke
Hindumädchen, welches in seinem Leben kein griechisches
Wort gehört hatte, ganz deutlich den folgenden Vers aussprach
: —
'Mfjvw Ilsede, &eä, IlYjXrjtddeco lixiZtfogJ
"Als der Fakir diese unbekannten Laute hörte, bildete
er sich ohne Zweifel ein, wir hätten mittelst einer caba-
listischen Formel versucht, die von ihm hervorgebrachte
Wirkung aufzuheben, und er lächelte wie ein Mann, der
seiner Sache sicher ist. Ueberzeugenderes lässt sich nichts
denken: weder der Fakir, noch das Mädchen konnten
sich zur Hervorbringung einer solchen Thatsache verständigen
/" —
Die zur Erklärung dieser Erscheinungen von unseren
Gelehrten aufgestellten Theorien sind nicht minder zahl-
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