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400 Psychische Studien. XIII. Jahrg. 9. Heft. (September 1886.)
„Slade hielt seine unteren Extremitäten (Beine) während der
ganzen Sitzung möglichst weit seitwärts vom Tische abgewandt
, so dass ich die Situation völlig übersehen konnte",
(Psych. Stud. Mai-Heft 1886, S. 228 oben), zugeht: —
„Wie wichtig es für den Beobachter ist, die Einzelheiten
der Vorgänge vollständig übersehen zu können, erfuhr
ich noch vor Kurzem bei Gelegenheit einer Sitzung
mit dem hiesigen antispiristischen Zauberkünstler Herrn
Schradieck. Dieser Herr, in dessen Wohnung ich die Sitzung
hatte, copirt einen Theil der Stoischen Phänomene, wobei
er sich desselben Tisches bedient, den Slade hier benutzt
hat. Ich fand mich aber, indem ich am Tische Platz nahm,
durch eine Art Aufbau, welcher eine partielle Erhöhung
des Fussbodens bildete, behindert, meinen Stuhl so zu
stellen, dass ich ausserhalb der Tischseite, an welcher Herr
Schradieck sass, entlang sehen konnte. Hier also hatte der
Experimentator eine „gedeckte Stellung", in der es ihm ein
Leichtes gewesen wäre, das Zerplatzen der Tafeln durch
Zerschlagung derselben „nachzumachen", was er aber (in
diesem Falle) nicht that. — Hochachtungsvoll ergebenst
Ad. Goosy Brüderstrasse 6." —
Slade hatte keinen solchen Auf- oder Vorbau bei
Hervorbringung seiner Schiefertafelschriften. Folglich sind
die Bedingungen des Hrn. Schradieck nicht genau dieselben!
Zum Schlüsse bemerken wir, dass wir die in unserer
Titelfrage gebrauchten Worte: „wirkliche Zauberei und
Hexerei'* durchaus nicht in dem von der Kirche des Mittelalters
oder von anderen abergläubischen oder selbst aufgeklärt
sein wollenden Leuten aufgefassten, bloss dämonischen
Sinne verstanden wissen wollen, sondern noch
unerklärte seelische und nervenphysiologische Vorgänge
hinter ihnen vermuthen, welche allerdings im allgemeinen
Zusammenhang aller Dinge und Verursachungen ebenso
gut mit einer bloss eingebildeten wie wirklichen Geisterwelt
in Verknüpfung stehen könnten, was vorerst noch sorg-
iältiger, wie bisher geschehen, zu ergründen sein dürfte.
Dass wir mit dieser unserer Ansicht auch sonst nicht
allein dastehen, beweist uns die interessante Erzählung von
F. Steenhusen: „Die Bräute von Moorstätt" im viel
gelesenen Familicnblatt „Daheim" in Leipzig, das einer
protestantisch-kirchlichen Richtung huldigt und dessen Verfasser
jedenfalls nicht unterlassen hat, schon seit lange
psychische Studien zu treiben. In den früheren Nummern
bei Beginn der fesselnden Geschichte, besonders aber in
der Nr. 34 des XXII. Jahrg. vom 22. Mai 1886 ist ?on
einer vermeintlichen Hexe die Bede, der die Leute nach
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