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414 Psychische Studien. XIII. Jahrg. 9. Heft. (September 1886.)
unter den Augen der Zuschauer selbst, das Abschneiden
eines Stückes eines solchen Gewebes, seine Aufbewahrung
während einiger Tage, seine allmähliche Dematerialisation
und endlich sein Verschwinden bestätigen.
(Fortsetzung folgt.)
Ueber Dr. Wilhelm Schneiders Buch; — „Der
neuere Geisterglaube etc." 2. Aufl. 1885.*)
Kritisch besprochen von J. StrijSfel in Augsburg.
Dies Buch giebt in der That eine gute IJebersicht des
Spiritismus unserer, sowie verwandter Erscheinungen
aller Zeiten vom kirchlich-katholischen Standpunkt aus.
Herr Dr. Schneider beruft sich auf angesehene Pressorgane
, welche auch Urtheile hervorragender Männer ausserhalb
der katholischen Kirche veröffentlichten. So spendete
der protestantische Oonsistorialrath und Professor Dr.
Luthardt in Leipzig dem Buche seinen Beifall.
Obgleich nun Herr Dr. Sch.} als kathol. Seminarlehrer,
vom Flusse der Zeit berührt, der Wissenschaft den üblichen
Tribut in Porm von Weihrauch nicht versagt und einigen
Duft als Priester an deren Altar für sich beanspruchen
darf, so hindert ihn das doch nicht, zu bekennen, dass von
Gelehrten zuweilen die grössten Thorheiten ausgingen; sowie
dass dieselben nicht jederzeit berechtigtes Neue 7\i
würdigen verstanden. Yon den Priestern der Kirche speciell
macht er das Gleiche weniger kenntlich. Gelehrsamkeit
und Priesterstand schützt also vor Thorheit nicht. Herr
Dr. Sek spricht am Anfange des Buches auch von Sophisten.
Er gruppirt die Thorheiten und Einseitigkeiten der
Spiritisten sehr geschickt, leider jedoch vom Parteistandpunkt
aus. Es kann zugegeben werden, dass jenen,
welchen der Spiritismus eine Religion ist, ihr Himmel mit
vielen Attributen der Sinnlichkeit geschmückt erscheint. So
war es indess bei jeder Religion. Die katholische Kirche
hat wohl nur deshalb so grossen Einfluss auf die Massen,
weil sie die Sinnlichkeit mehr fesselt, und zwar zum Nachtheil
des Geistes und Denkens.
Jene aber, welche in den psychischen Erscheinungen
der menschlichen Natur die Keime einer andern
Form des Seins erblicken und nach dem Entwickelungs-
*) (Paderborn und Münster, bei I<erd. Schöning}*, 1885.) XII u.
554 S. gr. 8°.
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