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Wittig: Ueber die letzten Stunden Friedrich^ d. Grossen. 423
Frankreich befürchtet und lediglich deshalb es für an der
Zeit erachtet zu haben, den ersteren mit dem blossen
Namen „Charlatanismus" niederzuschlagen. Die 9 Paragraphen
widerlegen vielmehr ihn schlagend. Es versteht
sich von selbst, dass auch die magnetische Cur in so hohem
Alter und bei solcher Schwäche nicht mehr zu helfen vermochte
. Hätte aber die ärztliche Arzneikunst dem Könige
vorher helfen können, so würde ja ein solcher „Gharlatan"
gar nicht bis in die Vorzimmer des Königs gedrungen sein.
Man muss ihn einfach herbeibefohlen haben, lediglich aus
Verzweiflung an der Kunst der damals geordneten Aerzte.
Uebrigens bricht sich in allerneuester Zeit schon in ärztlichen
Kreisen eine bessere Ansicht über das sog. magnetische
Heilverfahren Bahn. Dr. med. Lahmann
sagt in „Ueber L^nd und Meer" No 34, 1886 in seinem
Artikel: „Schmerzstillungsmittel" darüber Folgendes: —
„Bei den eigentlichen nervösen Schmerzen, die meist durch
periodische Wechsel charakterisirt sind, sowie dadurch auf
sich schliessen lassen, dass jede andere Ursache, wie Entzündung
u. s. w. auszuschliessen ist, bewährt sich eigentlich
nur ein Mittel, welches unsere Zeit endlich zu Ehren
bringen zu wollen scheint, — der Magnetismus. Man
soll sich nicht durch das an und für sich unzweckmässige
"Wort abschrecken lassen, sondern es einfach mit 'Beeinflussung
' übersetzen und sich hierbei erinnern, dass, wie
wir oben sahen, anderweitige Inanspruchnahme des Gehirns
eine Schmerzempfindung austilgen kann. Dann wird es
schon fasslicher, dass em Nerv, der vielleicht noch vor einer
Stunde ganz richtig arbeitete, jetzt aber plötzlich schmerzt,
unmöglich eine schwere Störung seines Gefüges erlitten
haben kann, vielmehr nur eine leichte Schwankung im
Gleichgewicht seiner einzelnen Bestandtheile (Moleküle) zur
Schau trägt, die durch eine Aenderung der elektrischen
Spannungsverhältnisse des Nerven, beziehungsweise seiner
Umgebung oder des Blutes erklärt werden könnten. — Die
Erklärung hinkt noch; Thatsache aber ist, dass durch das
blosse Auflegen einer angenehm trocken-warmen Hand,
durch sanftes Streicheln, ja durch Hinfahren über die
schmerzenden Partien ohne directe Berührung die heftigsten
Kopf-, Zahn-, Leibschmerzen u. s. w. getilgt werden können.
Ganz unabweisbar aber wird die Annahme der 'Beeinflussung
', wenn wir Fälle von langjährigen Gelenkverkrümmungen
, (vorausgesetzt, dass sie nicht auf mechanischen
Hindernissen beruhen,) von Schiefhals, Gelenkschmerzen
u. s. w., die allen möglichen medikamentösen Einwirkungen,
der Elektricität, sowie der Massage widerstanden, durch
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