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Psychische Studien. XIII. Jahrg. 10. Heft. (October 1886.) 465
Der Teufel als Logiker.
Von Ferdinand Maack.
Wie jeder Mensch, jedes Thier, jede Pflanze und jeder
Stein — kurz alle Individuen der realen Naiur ihre speei-
fischen Eigenschaften, d. h. einen Charakter haben, so besitzen
nicht minder auch die vielgestaltigen idealen Individuen
, welche einer dichtenden Volksphantasie entsprungen
sind: die Götter, Riesen, Zwerge, Elbe, Nixen, Feen, Geister
und wie derlei überirdische Wesen alle heissca mögen, ihre
eigenartige Wesenheit, ihren bestimmten Charakter. Sie
alle sind personificirte Wünsche und Besorgn^se — ob und
mit welchem reden Hintergrund, bleibe hier ununtersucht,
— eines Volkes, welches in seiner Naivität Complexe von
Eigenschaften, die es theils instinctiv, theils bewusst als
gute oder schlechte erkannte, zu rersonificirlen Einheiten
zusammenfasste. So entstand die Mythologie.
Natürlich giebt es hier wie in der Wirklichkeit ebenfalls
Individuen, die, weil sie allgemeiner anerkannt und
bekannt sind, auch präciser charakterisirt sind als andere
weniger bekannte. Zu ersteren gehört nun jedenfalls der
Teufel oder Ahriman, Kakodaimon, Loki, Satan, Lucifer
etc. Die zahlreiche, über diese mythische Figur erschienene
Litteratur, die Dämonologie, zeigt uns, wie mannigfaltige,
aber immer prägnante Charakterzüge diesem Anti-Grott zugeschrieben
worden sind.
Eins der interessantesten Attribute des Teufels —
welches wir heute näher ins Auge fassen wollen — ist nun
seine Logik, in schlechterem Sinne des Worts, d. h. seine
Sophistik, seine Disputirsucht, seine Fähigkeit, durch Ausdeuteleien
und Spitzfindigkeiten, jeden, der sich mit ihm
einlässt, zu überlisten. Freilich spricht man auch von
einem „dupirten oder geprellten44 Teufel, aber diese Auffassung
mag der Hache der Angeführten ihren Ursprung
verdanken. Jedenfalls figurirt im allgemeinen Volksbewusst-
sein der Teufel als der Schlaue, Listige, Verschlagene,
Lügenhafte, Trügerische, Verführende, welcher z. B. in den
sogen. Teufelscontracten alle seine Verbündeten vermöge
irgend einer versteckten Chikane übertölpelt.
Einige derartige Fälle theilt uns u. a. Heinrich Heine
(von dem es noch wenig bekannt zu sein scheint, dass er
sich sehr eingehend mit magischen und pneumatischen
Wissenschaften beschäftigt hat,) mit in seiner vorzüglichen
Monographie über „Elementargeister44 (1834): —
„Vor achthundert Jahren hatte der Papst Sylvester}
Psychische Stadien. October 1886, 30
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