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Btaack: Der Teufel als Logiker.
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ist nun freilich etwas Entsetzliches, und mit Keeht hat die
römisch-katholisch-apostolische Kirche das Selbstdenken als
Teufelei verdammt und den Teufel, den Repräsentanten
der Vernunft, für den Vater der Lüge erklärt." (Heine.)
Die Bibel lehrt: —
„Derselbige (der Teufel) ist ein Menschenmörder von
Anfang an und ist nicht bestanden in der Wahrheit, denn
die Wahrheit ist nicht in ihm. Wenn er die Lügen redet,
so redet er von seinem Eignen, denn er ist ein Lügner und
ein Vater derselben." (Joh. 8, 44.).
Philosophischen Werth erhält unsere Folgerung aus der
Mythologie, aus der durch das unbewusste Seelenleben
geschaffenen und ihm gehörenden Geschichtswelt, aber erst
dann, wenn wir sie unter den Gesichtspunkt ziehen, dass
der Teufel (als eine Parodie oder Nachäffung
Gottes, als die linke, gleichberechtigte, verkehrte
Seite des göttlichen Wesens aufzufassen ist. Wenn
auch nach der biblischen Lehre der Teufel nicht als ein
selbstständiges, Gott entgegen gesetztes Wesen erscheint,
sondern nur ein Geschöpf Gottes ist, so ist doch sowohl
der orientalische Teufel Ahriman der an Macht gleich ausgerüstete
Antipode Gottes, (daher der Dualismus in der morgenländischen
Philosophie), als auch lebt im ungeschulten, cl h.
nicht künstlich beeinflussten Volksbewusstsein, — und hiernach
allein haben wir uns zu richten, — die Vorstellung,
dass das böse Princip dem guten, dass der Teufel Gott
direkt, unabhängig uod ursprünglich gegenüber steht.
Demnach können wir folgern: Der Teufel ist der Vertreter
des menschlichen Denkens7 des Verstandes, seine
Werke sind eitel Trug und Lüge, er selber ist der direkte
Gegensatz zu Gott. Nun aber ist Gott die (absolute)
Wahrheit. Folglich, wenn wir Wahrheit wollen — and
wer wollte sie nicht?! — so können wir dieselbe nicht
erreichen mit den Mitteln des Teufels — durch
Denken —, sondern nur mit Gottes und Christi Mitteln —
durch Glauben. Dieser Glaube ist nicht wie der Verstand
ein Product des „Geistes", sondern das Product des
^ausser dem Körper) dritten Princips im Menschen, der
„Seele" (Herz, Gemüth) — ein Fühlen; daher: per animam
ad vera!
Frägt aber Jemand: wozu denn das Denken? so frage
ich daneben: wozu denn das Böse, der Trug, die Lüge?
und antworte; wie das Böse dazu dient, um im Kampfe
mit ihm das Gute zu ernten, so wird es jedem tiefer eindringenden
Denker klar, dass er auf seine Art wohl
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