http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1886/0500
492 Psychische Studien. XIII. Jahrg 11. Heft (November 1886.)
sehen, mit denen auch die Genitalien eingerieben wurden;
ihre Hauptingredienzien waren Solaneengifte, lerner Mohnsaft
, Croeus, Storax und Coriander, die sammt und sonders
Aphrodisiaca sind. Hatten sich nun die Hexen mit den
Somnambulismus erzeugenden Salben eingerieben, so wollen
wir gern glauben, dass zuweilen „ipsae Maleficae supinae
jacentes in agris seu sylvis visae sunt et denudatae supra
umbilieum et juxta dispositionem illius spurcitiae coaptatis
membris, tibiis et cruribus se agitantes, Daemonibus Incubis
invisibiliter ibidem quoad circumstantes cooperantibus."
(Malleus Malefiearum R II. Quaest. I. Cap. 4)
Auch Paracelsus bringt anormale sexuelle Verhältnisse
mit dem Hexenwesen in Verbindung und sagt im ersten
Capitel seiner „Occulta Philosophia": — „Nun aber sind
das die Zeichen, so sie (die Hexen) sich von Mannen
werffen, vnd jhrer nit achten, der Bulerey Veneris vergessen,
wollen liegen, alleyn sich versperren; darnach dass sie die
Manne verheizen, wollen actum venerem nit halten."
Im dritten Buch „von den unsichtbaren Werken" macht
Paracelsus die widernatürlich vergossenen männlichen Säfte
zu den Werkzeugen und Hüllen, in denen die „Nachtgeister"
und Teufel ihren Unfug treiben, eine Idee, welche auch bei
Eliphas Levi in der „Histoire de la Magie" pag. 115 sq.
spukt, wo sie wohl eine neuzeitliche Schriftstellerin aufgriff
und in die bekannte Elementaltheorie umbildete.
Anormalen sexuellen Verhältnissen, bei denen die
Punktionen entweder gänzlich darniederliegen, übermässig
oder fehlerhaft entwickelt sind, begegnen wir bei den männlichen
Sehern, Zauberern und Medien. Enthaltung vom
Geschlechtsgenuss oder Impotenz scheint Hellsehen und
das Vorkommen der sogenannten Pamiliargeister im Gefolge
zu haben; wenigstens waren von den Männern, die
sich eines Genius rühmten, Paracelsus und Cardanus —
ersterer ganz und letzterer zeitweise — zeugungsunfähig.
Uebermässige Entwickelung des Geschlechtstriebes kommt
bei den Zauberern der Hexenprozessperiode und den modernen
Medien vielfach vor; am häufigsten ist jedoch eine
fehlerhafte Beschaffenheit oder widernatürliche Entartung
wie bei den Zauberern — z. ß. bei Faust, — und wie wir ihr
bei gewissen Berufsmedien und medial veranlagten Personen,
seien sie nun Fürsten oder Privatleute, begegnen.
In gewisser Beziehung haben also* die Hamburger Geisterfänger
Anlass, wenn sie von einem „sittenlosen Treiben"
sprechen; aber das ist nicht das letzte Geheimniss, sondern
ein bedauerlicher Auswuchs des Spiritismus, der seine Erklärung
im „Wesen der Elektrizität im beseelten Organis-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1886/0500