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510 Psychische Studien. XIII. Jahrg. 11. Heft (November 18Ö6.)
die ein Körper gewöhnlich hervorbringen kann: es ist sichtbar
, es ist greifbar, es bewegt einen anderen Körper, es
lässt bleibende Spuren zurück, es drückt sich schliesslich
in einen anderen Körper ein — alle diese Prädicate werden
ihm von Dr. v. Hartmann als wirkliche objective zugestanden
mit alleiniger Ausnahme desjenigen der Sichtbarkeit. Warum ?
Auf Grund welcher Logik?
Und diese Logik wird uns noch befremdlicher erscheinen
, wenn wir Herrn v. Hartmann um die Definition
eines Körpers im Allgemeinen auf Grund seiner eigenen
Philosophie befragen. Die Materie, antwortet er uns, ist
nichts anderes als eiu System von „Atomkräften — ein
Dynamiden - System" fs. „Philos. des Unbewussten" 1872,
S. 474). "Wenn ich also in meiner Hand eine andere
natürliche Hand halte, so halte ich nach Dr. v. Hartmann
„ein System von Atomkräften", und er versagt diesem
nicht das Prädikat der Sichtbarkeit, und er qualificirt dieses
Zeugniss meiner Sinne nicht als Hallucination. Aber wenn
ich in meiner Hand eine sogenannte „materialisirte" Hand
halte, welche ich zu fühlen und zu sehen erkläre, und auf
welche Herr v. Hartmann dieselbe Definition anwendet
, da er sie für „ein System von Kraftlinien" betrachtet
, so sagt er uns in diesem Falle: das Tastgefühl
ist ein wirkliches, aber der Gesichtseindruck von dieser Hand
ist eine Hallucination! Weshalb? Auf Grund welcher Logik?
Wenn einmal bei dem in Rede stehenden Phänomen das
Prädikat des Tastgefühls als wirklich, objectiv,auf unsern
Organismus durch ein „Kraft-System** hervorgebracht, eingeräumt
wird, wo liegt denn da die Schwierigkeit, auch das Prädikat
der reellen und objectiven Sichtbarkeit desselben
„Kraftsystems" zuzugestehen, sobald das subjective Zeugniss
zu Gunsten des einen oder des anderen das nämliche ist?
Niemals wird Herr Dr. v. Hartmann die Logik seiner
Negation dieses Prädikats beweisen können. Und so stellt
sich seine Hallucinations-IIypothese nach allen Zugeständnissen
, die er gemacht hat, indem er die objective Realität
desselben Phänomens für andere sinnfällige Wahrnehmungen
einräumt, vom Gesichtspunkte der Logik aus als vollkommen
grundlos dar.
(Fortsetzung folgt)
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