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524 Psychische Studien. XIII. Jahrg. IL Heft. (November 1886.)
des Gemütiis, von den Forderungen des Gewissens, von der
Unverriiekbarkeit des sittlichen Gebots, das als heiliges der
Wille anerkennen muss, auch wenn er ihm widerspricht.
Wie wollt und könnt ihr die Giltigkeit dieser Ideen leugnen ?
Nur darum, weil ihr zum Nachweis der Gesetzmässigkeit
in allem Geschehen ihrer nicht braucht? Die Bedeutung
eines Buchstabens ist nicht erkannt mit der Gesetzmässigkeit
der Muskelbewegung in den Fingern, die ihn schreiben; der
Sinn eines Wortes nicht erschlossen mit der Erkenntniss
der Sprach Werkzeuge und ihrer Thätigkeiten, durch die es
hervorgebracht wird. Aber dem verstehenden Geiste ist
Sinn und Bedeutung von Anfang an klar. So mögt ihr, wie
ihr euch schmeichelt, endlich dahin gelangen, aus einer
Formel alles Geschehene der daseienden Welt abzuleiten:
damit seid ihr ihrem Verständniss noch keinen Schritt näher
gekommen, und kein rechtmässiger Schluss eurer Wissenschaft
, sondern ein Entschluss eures Gewissens entscheidet
darüber, ob ihr im Unglauben (der auch ein verzerrter Glaube
ist) allen Sinn der Welt leugnen und verzweifeln, oder ihr
denjenigen andichten wollt, den euch des Herzens Dünkel
empfiehlt. Wir aber warten nicht, um unsre Stellung zu
nehmen, auf das Ergebniss eurer Forschung, sind auch nicht
in Sorge darum; uns hat die Welt einen Sinn, das Schicksal
und das Menschenleben auch, einen unergründlichen,
beseligenden. Ihn auszudrücken, ist alles geschaffen, und
endlich wird er rein und unentstelit hervorleuchten: doch
hoffen wir, und darum glauben wir an Gott." — „Mit dieser
Auffassung", sagt sein Recensent Moritz Necker in Innsbruck,
in „Die (l renzboten4' Nr. 1 vom 31. December 1885, „vertritt
Steinhausen im Grunde nur den kantischen Standpunkt,
und damit stimmt auch Lotzens Philosophie, gewiss die mit
den Resultaten der Naturwissenschaften vertrautesten, überein
." — Der Inhalt dieser Sätze schliesst sich an Prof.
R. Seydets Ausführungen über das Problem des Darwinismus
„Psych. Stud." Apriiheft 1886 S. 180 ff. aufs engste an.
g) Von Otto Pfleiderer's „Religionsphilosophie auf geschichtlicher
Grundlage" 2. Aufl. IL Band (Berlin, Reimer,
1884) VIII und 676 S. Gr.,8°. M 9 — sagt sein Kritiker
Volkelt in Basel in „Deutsche Litteratur-Zeitung" No 23
v. 6. Juni 1885 u. A.: — „Besonders viel Schönes und Tiefes
habe ich in den Kapiteln über Erlösung und Unsterblichkeit
gefunden. Mit einem auf den Kern gehenden Verständniss
hebt er das Allgemeingültige in denjenigen religiösen
Bedürfnissen hervor, die zu dem Erlösungs- und
Mittlerglauben und zu der Hoffnung auf Unsterblichkeit
hinführen, Hier wie auch sonst fühlt man, welche gute»
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