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Kurte Notizen.
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Dienste dem Verfasser seine psychologische Schulung geleistet
hat. Bei der Erörterung der Unsterblichkeit hätte er
vielleicht auch das Werthgefühl der Persönlichkeit als Stütze
heranziehen können." — Vorher kritisirt V.: — „Soll ich
einige Züge hervorheben, die ich in dem vom Verfasser gezeichneten
Bilde verändert wünschte, so müsste ich vor Allem
daraufhinweisen, dass er dem, was ich das negative, irrationelle,
widerspruchsartige, zwiespältige Moment im Absoluten nennen
möchte, — ein Moment, auf das mir die Thatsachen der
Endlichkeit, Individuation, des Schmerzes und des Bösen
mit furchtbarer Gewalt hinzunöthigen scheinen, — in seinem
Gottesbegriffe keinen Raum gönnt. Andererseits wieder
wird der Forderung, dass die Welt als zur nothwendigen
Selbstverwirklichung Gottes gehörig angesehen werde, nicht
Genüge geleistet. Mit a. W., die Religion, wie sie Pf. aufstellt
, erscheint mir als etwas zu wenig pantheistisch und
als um ein Bedeutendes zu optimistisch." —
h) Der Buddhismus in Central-Asien. Von Dr. Heinrich
Boehnke - Reich — in „Der Salon-' Heft II 1886 — berichtet
von den sogenannten Lamasereien der „Lamas" oder höher
als alle anderen Personen stehenden buddhistischen Priester
und Ordensbrüder iu Tibet und den umgebenden Ländern,
über welche der Gross-Lama gesetzt ist, der gewöhnlich als
Kind mit seltsamen dämonischen Begabungen aufgefunden
wird und sich als wiedergeborener Gross-Lama kundgiebt.
Er wird darauf hin streng geprüft: man befragt ihn nach
den Eigenheiten und Gewohnheiten des abgeschiedenen
Gross-Lama, nach besonderen Vorkommnissen bei seinem
Tode u. s. w. „Ein schauerlich widerliches Schauspiel" —
heisst es da — „wird in den tatarischen Lamasereien unter
ungeheurem Zulaufe von Pilgern von Zeit zu Zeit geboten.
Ein Bokte genannter Lama öffnet sich den Bauch, nimmt
bisweilen die Eingeweide heraus, legt sie vor sich nieder
und bringt sie dann wieder an ihren natürlichen Platz
zurück. Der Bokte, der dadurch, wie die Mongolen sageiu
seine Macht zeigt, bereitet sich durch langes JB'asten und
Beten zu dieser entsetzlichen Schaustellung vor; er muss
während dieser Zeit sieh alles Umgangs mit anderen Menschen
enthalten und absolutes Schweigen beobachten. Am
festgesetzten Tage versammeln sich die Pilgerschaaren im
grossen Hofe der Lamaserei, wo ?or dem Tempeleingange
ein grosser Aitar errichtet ist. Endlich erscheint der Bokte,
besteigt unter dem Beifallsruf der Menge gravitätisch den
Altar, setzt sich nieder und zieht aus seinem Gurte ein kurzes
Schwert, das er auf seine Kniee legt. Die im Kreise vor
döm Altäre stehenden zahlreichen Lamas beginnen die für
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