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560 Psychische Studien. XIII. Jahrg. 12. Heft. (December 1886.)
einmal umgekehrt den Versuch zu machen, die Materie
aus dem ganzen, Alles umfassenden, vollendeten Geiste
hervorgehen zu lassen. Sie stellten ihre doch ebenso bloss
vorausgesetzte Materie dem gleichfalls bloss vorauszusetzenden
Geiste ganz unvermittelt gegenüber als blosse Gedankengegensätze
, die sich als solche freilich niemals werden
vereinigen und in einander verwandeln lassen. Aber
in Wirklichkeit liegt unsere Erfahrung ganz anders. Die
Behauptung, 'dass körperliche Facta und geistige Facta
fundamental verschieden seien, aber in engster Beziehung
stehen', ist nur im letzten Theil wahr, im ersten The 11
aber eine willkürliche Gedankentrennung der doch faktisch
eng verbundenen. Das erkennt Bain schliesslich selbst an.
Zacharias behält mit du Bois-Reymond und dessen 'Ignora-
bimus' nur dann recht, wenn und so lange er etwas in
Wirklichkeit nicht Existirendes und daher nicht Mögliches
von der Einsicht unseres Erkenntnissvermögens
fordert.
Prof. J. Rehmke in Greifswald hat dagegen im Juli
1885 das Werk: „Idealismus und Positivismus"
Dritter Theil: „Idealistische Erkenntnisstheorie"
von Emst Laas (Berlin, Weidmann, 1884) 704 S. 8° — einer
eingehenden kritischen Erörterung in „Göttingische gelehrte
Anzeigen" No. 5 v. 1. März 1886 von Seite 189 bis 227 in
gr. 8° unterzogen, welche das eingehendste Studium aller
Erkenntnisstheoretiker verdient und unseren Lesern vielleicht
zum besseren Verständniss der vorhergehend erörterten
streitigen Punkte verhilft. „Alle bisher bekannten
Erkenntnisstheorien, wenn ich vorerst von Laas*
Schöpfung absehe," — erklärt Ä„ — „lassen sich in die beiden
Gruppen des erkenntnisstheoretischen Dualismus und des
erkenntnisstheoretischen Monismus bringen; die erstere
erhält ihren Namen daher, dass sie Bewusstseinsinhalt und
Seiendes oder Wirklichkeit für zwei in der Erkenntniss
als Correlata Gegebene und Erkenntniss demnach für
die Uebereinstimmung des Denkens mit dem Sein
hält, während der erkenntnisstheoretische Monismus Bewusstseinsinhalt
und Seiendes für zwei verschiedene Bezeichnungsweisen
Eines und Desselben ausgiebt. Der letztere
wird auch unter einem anderen Gesichtspunkt als derjenige
wissenschaftliche Standpunkt zu bezeichnen sein, von
welchem aus die voraussetzungslose oder reine Erkenntnisstheorie
allein gewonnen werden kann, während der erkennt-
nisstheoretiscbe Dualismus sich als einen Standpunkt
ergiebt, welcher nur eine auf Voraussetzungen ruhende Erkenntnisstheorie
zu ermöglichen vermag. Diese Voraus-
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