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S. R.: Einige Kritiker über Prof. Wundt's „Essaysu. 563
oben mitgetheilten Gedanken tritt doch ein tiefgreifender
Unterschied zwischen Positivismus und erkenntnisstheoretischem
Monismus zu Tage. U. s. w." — Wir
wollen das Alles hier nicht weiter ausführen, wir wollten
nur Sach- und Fachkenner zum weiteren und tieferen
Studium gerade dieses höchst interessanten und auch für
die Betrachtung der spiritistischen Phänomene wichtigen
Artikels hierdurch anregen, um Professor Wundt zu zeigen,
dass es auch noch andere gewichtige philosophische Standpunkte
ausser dem seinigen in dieser und jener Welt des
Denkens giebt.
Das beweist auch der Kritiker L. in „Preussische Jahrbücher
" (Berlin, G. Reimer), im August-Heft 1886, wenn er
von Wundfs „Essays" sagt: — „Wundt ist einer der Hauptvertreter
der experimentellen, messenden Psychologie
, und von den Zielen, dem Betriebe, den bisherigen
Resultaten dieses noch ziemlich neuen Wissens- und Forschungszweiges
wird man sich kaum anderswo bequemer unterrichten
können, als an dieser Stelle. Es ist nicht die Schuld
Wundt's, als des Berichterstatters, wenn gerade nach diesem
von ihm erstatteten Berichte zum Zweifel geneigte
Gemüther eine noch skeptischere Haltung gegenüber der
experimentellen Psychologie einnehmen sollten, als sie etwa
schon bisher beobachtet haben. Dass die Wissenschaft der
Psychologie sich noch in ihrem mythologischenStadium
befindet, wird gerade aus diesen Wundfschen Abhandlungen
mit besonderer Deutlichkeit entgegentreten. Man braucht
durchaus nicht eingefleischter Metaphysiker, oder insbesondere
Dualist nach des Cartesius Art zu sein, um
über den Versuch, das psychische Geschehen mit
den fürDinge und Vorgänge der äusseren Natur
üblichen und geeigneten Methoden zu erforschen,
mehr Verwunderung als Genugthuung zu empfinden. Experimente
machen, ist gewiss eine gute Sache; aber
allein dadurch gewinnt man noch keinen Vorzug
vor Anderen, die nicht experimentiren. Man
muss auch mit den richtigen Begriffen an die
Natur herantreten, wenn man sie über ihrePro-
cesse mit Erfolg befragen will; man darf nicht Erwartungen
hegen, die überhaupt unerfüllbar sind, und man
muss die Aufmerksamkeit auf das rechte Ziel lenken, um
durch das Experiment etwas constatiren und das Constatirte
sinnvoll deuten zu können. Aber gerade hiermit
scheint es in der experimentellen Psychologie
mangelhaft bestellt zu sein. Die Begriffe, wie sie
auch bei Wundt und gerade in den hier abgedruckten Ab-
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