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Kiesewetter: Die Theorie von der psychischen Kraft etc.
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ähnlich, lässt aber „die Geburt des Geistes" vom Hirn aus
vor sich gehen.)
Die am höchsten potenzirten Theile des Ichs vergleicht
Agrippa mit einem übersinnlichen Licht. Ist mm nach
Agrippa! s Lehre der Mensch die kleine Welt und die Welt
der grosse Mensch, und das Bindeglied, welches bei Beiden
das Immaterielle mit dem Materiellen vereinigt, seinem
Wesen nach bei beiden gleich, so ist eine wechselseitige
Einwirkung des Makrokosmus auf den Mikrokosmus und
umgekehrt nicht nur möglich, sondern auch nothwendig.
Die Schwingungen der angeschlagenen Saite werden am
andern Endpunkt derselben wiedertönen, um Agrippa! s Bild
beizuhalten, werde sie nun von unten oder oben aus berührt.
Im ersten Fall wird sich ein Fern wirken und im zweiten
ein Fernsehen geltend machen. Der bewusste oder un-
bewusste Wille des Individuums äussert sich in ätherischen
Schwingungen seines Seelenvehikels, die ihre Kreise in den
Weltäther hinübertragen und durch diesen sich materiell
durch Fernwirkung äussern. Im zweiten Fall wird eine in
der äusseren Welt vorgehende Veränderung der Schwingungen
des Weltäthers in consensuelle Vibrationen des
Seelenäthers übertragen und naturgemäss eineFernempfindung
hervorrufen, die sich stufenweise von der dunklen Ahnung
durch symbolisches Schauen hindurch zu klarem Fernsehen
entwickelt.
Diese stufenweise Entwickelung des Fernwirkens erklärt
Agrippa bei Gelegenheit der Besprechung einer übersinnlichen
Willensbeeinflussung eines Menschen durch den
andern oder des Bannos (Faseinntio) mit folgenden
Worten: — „Wenn der Mensch den Eindruck eines Bannes
oder einer Fascination empfängt, *o erhält er ihn nicht
nach seiner vernünftigen, sondern nach seiner sinnlichen
Seele, und wenn er an einem Theile seines Wesens leidet,
so leidet er nach der animalischen und irdischen Seite.
Denn auf den vernünftigen und geistigen Menschen kann
man nicht magisch einwirken, sondern nur, indem er mit
dem Gefühl einen Eindruck und Angriff aufnimmt, wobei
durch den Einfluss der Himmelskörper und durch die Mitwirkung
irdischer Dinge der animalische Geist des Menschen
über seine ursprüngliche oder angeborene Beschaffenheit
hinaus afficirt wird. — Die Leute verfallen in einen Irrthum,
wenn sie meinen, es gehe etwas über die Natur oder laufe
ihr zuwider, was doch von der Natur herrührt oder ihr
gemäss ist. Jedes Obere bewegt nämlich das ihm zunächst
stehende Untere in seinem Grade und seiner Ordnung,
nicht allein im Körperlichen, sondern auch im Geistigen.
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