http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1887/0078
74 Psychische Studien. XIV. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1887.)
Spiritismus noch nicht allzu häufig zu sein. Und die Beweise
des Herrn P. sind so verführerisch! Sie versichern
uns mit solcher Eleganz, was wir wünschen; sie sind so
leicht zu behalten, wahre Westentaschen- und Portemonnaiebeweise
, dass man sich schon darum förmlich in sie verlieben
könnte. "Warum also sollten, so gut wie Herr P.
selbst, nicht auch xlndere von ihnen getäuscht worden sein?
Oder, wenn sie vielleicht einige Unsicherheit bei ihren Hörern
zurückliessen, war es diesen damit schon immer völlig klar
geworden, worin die Fehler lagen?
Es schien mir also nicht unnützlich, die Schlussketten
des Herrn P. einmal vor einem grösseren Kreise zu zergliedern
. Vielleicht auch, dass dadurch Mancher veranlasst
wird, den umgekehrten Weg zu gehen, den ich bei ihnen
ging. Die Einsicht in das Misslungene des vorliegenden
Falles erweckt vielleicht bei Manchem den Wunsch nach
Belehrung darüber, wie wir übeihaupt mit derartigen Bestrebungen
daran sind, und veranlasst ihn, sich unmittelbar
an den alten Weisen von Königsberg zu wenden, welcher
die Trüglichkeit und Wertlosigkeit dieser ganzen Gattung
logischer Gedankenspiele überzeugend dargelegt hat.
Doch nun zur Sache. Herr P. bringt zwei Beweise
für die Unsterblichkeit der Seele vor, von denen der erste
wie folgt lautet:
„Aus „nichts" kann nicht „etwas" werden, folge-
dessen kann aus „etwas" auch nicht „nichts" werden;
die Seele ist „etwas", folgedessen kann sie nicht zu
„nichts" werden."
Gehen wir diesen Beweis durch. „Aus nichts kann
nicht etwas werden." Zugegeben. Ich werde zwar gleich
nachher zeigen, dass Herr P. selbst auf Grund seiner eigenen
Logik uns etwas nennen könnte und müsste, was aus nichts
geworden ist; dass also er gerade das unmittelbare Gegen-
theil seines Eingangssatzes lehren müsste. Aber es sei
darum: ich will diesen Satz einmal zugeben.
„Folgedessen", fährt Herr P. fort, „kann aus „etwas"
auch nicht „nichts" werden," Wieso? Ich wünschte, dass
Herr P. nicht bloss „folgedessen" sagte, sondern uns dieses
„folgedessen" auch in aller Ausführlichkeit vormachte.
Zum Beispiel wenn ein Lehrer der Mathematik ein
rechtwinkliges Dreieck an die schwarze Tafel zeichnete und
dann, zu seinen Schülern gewandt, weiter nichts sagen wollte
als die Worte: „folgedessen" ist die Summe der Kathetenquadrate
gleich dem Hypothenusenquadrat", so würde der
Mann zwar Recht haben, aber den Beweis für seinen Satz
hätte er erst noch zu liefern. Er müsste alle die Hülfs-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1887/0078