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Kurze Notizen.
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und Eskimos, ist es bekannt, dass sie mediumistisch begabt
sind und in Folge dessen viele Dinge und Ereignisse
voraus wissen und auch gewisse Zaubereinflüsse zu üben
vermögen. Ein dänischer Missionar erzählt uns in seinem
Tagebuche über die Grönländer in „Das Ausland" No. 19,
Stuttgart, 10. Mai 1886 im VIII. und letzten Schlusskapitel
: „ Hexenglauben" betitelt, Folgendes: — „Es kommt
oft vor, dass Jemand von den so<*. Weisen der Grönländer
der Hexerei beschuldigt wird. Diese Weisen sind in der
Eegel Personen, die nicht arbeiten können oder zu träge
zur Arbeit sind. Gleichwohl gemessen sie als Menschen,
von denen man glaubt, dass sie mit übernatürlichen
Mächten in Verbindung stehen, grosses Ansehen unter
ihren Landsleuten, die bei Krankheiten, Todesfällen,
Unglück in Fisch- und .Robbenfang u. s. w. sich ihrer als
Bathgeber zu bedienen pflegen. Dann wehe der alten verlassenen
Wittwe oder dem alleinstehenden alten Mann,
gegen welche jene Rathgeber entweder einen heimlichen *
Groll hegen, oder nach deren Hab und Gut sie trachten!
Denn diese werden nun als Urheber des Unglücks bezeichnet
und früher oder später getödtet. Der Hergang dabei ist
folgender: Der Betreffende wird aus seinem Hause oder
Zelte herausgerufen, und man legt ihm nun die Frage vor,
ob er nicht ein Hexenmeister sei, nicht den oder den mit
seiner Zauberei getödtet habe ? Mag er nun antworten, was
er will, — der Tod ist ihm gewiss. Er wird mit einem
Messer erstochen, die Glieder werden ihm abgeschnitten,
und sein Herz wird aufgegessen, damit er nicht als
Gespenst umherwandeln könne. — Auf diese Weise tödtete
man einen Mann, der einige Stunden vorher mich besucht
hatte. Derselbe wünschte von mir zu wissen, was am
folgenden Tage (Weihnachten) bei uns vor sich gehen sollte,
da er einige ihm unverständliche Andeutungen gehört und
unsere Leute sich hatte schmücken sehen. 'Du wirst mich
doch nicht verstehen', sagte ich zu ihm, 'denn Du kennst
den grossen Herrn des Himmels und der Erde nicht; wir
aber freuen uns auf morgen, weil er seinen Sohn auf die
Erde gesandt und durch ihn uns hat kund thun lassen,
wie wir gut und glücklich werden können.1 — 'Das ist ja
wunderbar* antwortete er. 'Gieb mir etwas, dann will ich
auch zu Haube erzählen, was ich gehört und gesehen habe.'
Ich gab ihm Brot und Tabak, und er ging fort, ohne die
mindeste Ahnung von dem, was ihm bevorstand. Kaum
eine Stunde nach seiner Rückkehr ward er herausgerufen
und dann auf die oben beschriebene Weise umgebracht*
Am Tage darauf Hess der Neffe des Getödteten mit seinen
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