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166 Psychische Studien. XIV. Jahrg. 4. Heft. (April 1887.)
Die geistige Mechanik der Natur.
Entworfen von 3" ]¥., o. ö. Professor an der
Hochschule in .... x.
(Aus eiuem noch nicht veröffentlichten Manuscripte.)
II.
(Fortsetzung von Seite 1*9.)
1. Substantielle Wesenheit des Raumes und der Kraft.
Das Studium der psychischen Erscheinungen wird in
der Gegenwart nicht in jener Allgemeinheit betrieben, welche
die Wichtigkeit des Gegenstandes erheischt; das Tnteresse
dafür ist ein so geringes unter der gebildeten Bevölkerung,
dass unter Hunderten von Personen oft nicht Eine zu finden
ist, welche über das geistige Princip im Menschen, über den
Zweck des Lebens, je eine Stur de ernsthaft nachgedacht
hätte. Alles Denken und Tischten ist auf materiellen Erwerb
, auf sinnenfällige Verhältnisse gerichtet, und wo der
Kampf um's Dasein auch noch einige Zeit frei Hesse, sich
in das Walten der Natur zu vertiefen, wird sie nur von
sehr Wenigen zu diesem Studium verwendet. Das Wissen
von der Existenz überaus zahlreicher abnormer psychischer
Erscheinungen ist der grossen Menge so fremd, dass sie
absolut kein Verständniss für die Bedeutung derselben besitzt
und Jeden nur bedauert, der sich einer so unnützen
Beschäftigung hingiebt, über die Seele des Menschen und
ihre Zukunft forschen zu wollen. Und selbst unter den
naturwissenschaftlich höher Gebildeten ist diese Abneigung
zu finden.
Woher wohl diese Erscheinung kommen mag, nachdem
doch vor der gegenwärtigen Culturstufe das Regiment der
Kirche das Scepter schwang und die Menschen in ihrer
überwiegenden Mehrheit an Himmel und Hölle, an eine
persönliche Gottheit und an Engel und Teufel glaubten?
Der Naturwissenschaft isL es zu danken, dass sie die
Menschen aus den Banden geistiger Knechtschaft befreite,
dass sie das Licht der Forschung in weite Kreise strahlen
Hess; und die Macht der geläuterten Gedanken über das
Wesen der Natur schuf Ergebnisse der praktischen Thätig-
heit, welche in der Geschichte unserer Zeit immer einen
hervorragenden Platz einnehmen werden. Aber in den
hellen Glanz der Forschung wiift eine dunkle Wolke ihre
schwarzen Schatten, und dieser Schatten ist es, der den
Geist der Gebildeten verführt, der die Selbstsucht steigert.
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