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168 Psychische Studien. XIV. Jahrg. 4. Heft. (April 1887.)
Verlaufe der Erscheinungen und den äusseren Bedingungen
ihres Zustandekommens frug, so sollte in jener Zeit, als die
Naturwissenschaft schon frei aufathmen konnte, das Versäumte
nachgeholt werden. Est ist geradezu erstaunlich,
wenn man heute noch in allen physikalischen Lehrbüchern
von der Schwerkraft and ihrer Wirkung in die Perne, wenn
man von einer allgemeinen Massenanziehung selbst zwischen
den von einander entferntesten Himmelskörpern sprechen
hört, ohne dass jemals des Mittels gedacht wird, durch
welches die „Anziehung" genannte Erscheinung entsteht.
Das ist einer der wundesten Punkte der modernen Forschung,
dass sie sich mit dem Worte „Massen-Attraction" begnügt
. Man wende nicht ein, die Forscher wollen keine
Hypothesen, sie wollen nur auf dem festen Boden der
Thatsachen stehen bleiben; zwar ist es wahr, dass sie diesen
Willen hegen, aber sie bleiben ihm nicht treu: Was ist
denn der „Weltäther" anders als eine Hypothese? Ist
je der Weltäther so dargestellt worden, als etwa der
Wasserstoff dargestellt wird?
Es ist keine Einwendung dagegen zu richten, dass die
Wissenschaft sich der Hypo thesen bedient, wo ohne dieselben
der Zusammenhang der Ereignisse nicht aufgefunden
werden kann; aber gegen die Einseitigkeit der Hypothesen
ist lauter Einspruch zu erheben. Ist es gerechtfertigt
, einen „Weltäther" anzunehmen, ohne vorher
über das Mittel der scheinbar unvermittelten Fern Wirkung
der Massen klar geworden zu sein? Man bedenke doch,
dass die Hypothese den Weltäther aus kleinen, einander
ausserordentlich nahen, materiellen Theilchen bestehen lässt,
welche gleichfalls, ohne sich zu berühren, aufeinander bewegend
wirken sollen, und frage sich: Ist denn diese Wirkung
der Aethertheilchen aus der Ferne aufeinander ohne ein
Zwischenmittel möglich? Kann es sein, dass die Wirkung
der Theilchen aufeinander durch ein räumliches Nichts entsteht
? Selbst Newton, der das Gesetz der Massen-Attraction
aufstellte, hielt die unvermittelte Fernwirkung für unmöglich,
und sie muss es auch zwischen den Aethertheilchen sein.
Wenn aber die Aethertheilchen aufeinander aus der Ferne
nicht unvermittelt wirken können, was ist dann das Mittel,
durch welches sie aufeinander wirken?
Dieses Mittel ist hypothetisch anzunehmen, denn es
ist ja denkbar, dass dieses Mittel die Annahme eines Weltäthers
überflüssig erscheinen lässt; es kann ja sein, dass
Massen-Attraction und Lichterscheinungen sich auf einerlei
Ursachen zurückführen lassen.
Und dieses Mittel, nennen wir es fi, kann es wie der
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