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188 Psychische Studien. XIV. Jahrg. 4. Heft. (April 1887.)
Predigt für uns insofern Interesse hat, als sich der genannte
Herr darin mit dem Spiritismus befasste. Die Predigt
behandelte die verschiedenen falschen Lehrsysteme, welche
der christlichen Lehre entgegengesetzt sind. „Da lehren
einige heutzutage, dass mit dem leiblichen Tode Alles aufhöre
, auch die Seele sterbe; das wäre ja eine bequeme
Lehre für Bürger, die ihr ganzes Leben hindurch liederlich,
aber gut gelebt haben. Andere glauben zwar an die Fortdauer
der Seele, aber sie lehren, dass die Seele nach dem
Tode in einen anderen Leib fahre. Darum betete eine
vornehme Dame, — zu wem sie betete, weiss ich nicht, —
dass ihre Seele aber ja nicht in einen Fiakergaul fahre."
Am schärfsten kritisierte Redner den Spiritismus. „Meine
Zuhörer wissen wohl, dass die Hälfte oder zwei Drittel
beim Spiritismus Schwindel, Betrug, Taschenspielerei ist.
Aber ein gutes Drittel ist doch "Wahrheit dabei, und das
wirke der Teufel. Der Teufel ist stets der geschickteste
Prestidigitateur gewesen. Der Spiritismus sei immer vorgekommen
, nur unter anderer Form. Schon im dritten
Jahrhundert habe die Kirche dieses System \erurtheilt und
verdammt. Wenn die Faiseurs des Spiritismus behaupten,
dass sie durch Medien Geister der Abgeschiedenen erscheinen
lassen können, so ist dies Lüge. Gleichviel, ob
der citierte Geist für Napoleon oder wen immer gehalten
wird, es ist stets der Teufel, der die Erscheinung oder
Täuschung bewirkt, denn die in der Hölle oder im Fegefeuer
schmachtenden Geister können nicht auf Erden erscheinen
, und die verklärten Geister im Himmel geben sich
zu solchem Spuk nicht her. Gar viele Aufgeklärte nehmen
es dem katholischen Priester übel, wenn er heute noch von
der Hölle spricht, aber das hindert uns nicht, wir thun
ihnen den Gefallen nicht, wir sprechen immer davon\u
Recht hat der Herr Pater! Ob aber auch die „Aufgeklärten
" sich vor der Hölle fürchten, ist eine andere Frage.
A uch erscheint es uns nicht als im Interesse der aufklärenden
Wahrheit gelegen, den Spiritismus schlechtweg als
Teufelsspuk hinzustellen; will der hochwürdige Herr Pater
Ache der Wahrheit recht nahe kommen, — und das soll
doch jeder Priester, der es mit der Menschheit gut meint,
wollen, — dann muss er den Spiritismus als das bezeichnen,
was er ist, nämlich als: Dämonologie des Irrsinnes, als
Verblödungs- und Verdummungslehre, gegen welche die
Presse, die Schule und selbst auch die Kirche mit Vernunftgründen
ankämpfen müssen, um ihre schädlichen, geist-
und leibtödtenden Wirkungen hintanzuhalten. („Trautenauer
Zeitung'' in Böhmen No. 12 XIV. Jahrg. v. 19. März 1887.)
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