http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1887/0238
234 Psychische Studien. XIV. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1887.)
stärker als der Geist, und unwiderstehlicher Hunger überfiel
ihn; er nahm seine Zuflucht zum Gebet und hatte Visionen,
in denen er himmlische Stimmen hörte, die ihm, dem
im fernen Alemannenlande lebenden, in tadelloser altirischer
Rede Rathschläge und Ermahnungen spendeten.
Von den Handschriften der 'Vita Findani', die uns
diese irischen Aussprüche der himmlischen Stimmen berichten
, ist die älteste aus dem 10. Jahrhundert und wird
wohl direct aus der nach Findan'ß Tode von einem in
Rheinau überlebenden irischen Genossen niedergeschriebenen
Handschrift copirt sein. Die erwähnten Rathschläge nun
waren höchst einfacher Natur. Als Findan einst von einem
solchen Heisshunger überfallen wurde, dass er nicht einmal
so lange warten konnte, bis die übrigen sich stärkten, du flehte
er zum Mdan, dem Heiligen des Tages, und hörte die Stimme:
'Ainme ilao ocus innaidchi, nilonge colonge
cele de remut no fer fas sruithiu', d. h. 'Geduld
bei Tag und Nacht, nicht sollst du essen, bis der Abt vor
dir gegessen oder ein Mann, der älter ist?. Darauf wich
die Versuchung von ihm, wie die 'Vita' berichtet. Das
Bild eines irischen Pilgers im Alemannenlande im Kampfe
mit den Bedürfnissen des Körpers, unterstützt durch himmlische
Stimmen in altirischer Zunge, ist gewiss eigenartig.
Da die 'vita', wie sich aus den Copien mit Evidenz zeigen
lässt, nur von einem der irischen Sprache Kundigen kann
niedergeschrieben sein, so beweist sie, dass neben und nach
Findan auch wissenschaftliche Vertreter Irlands auf jener
Insel des Rheins anzutreffen waren." — Da das Altirisch
seine Muttersprache war, so ist der Fall zwar weniger
wunderbar, aber immerhin werth, von spiritualistischen
Forschern auf den Gehalt der übrigen Auditionen weiter
durchgeprüft zu werden.
f) lieber den Zusammhang zwischen Körper und Seele
mit besonderer Berücksichtigung der Unsterblichkeitsfrage
hielt dieser Tage Prof. Dr. Fritz Schultze in Dresden
einen gemeinverständlichen Vortrag, in welchem er zu dem
Schluss kam, dass, so lange der Mensch lebe, Seele und
Körper nicht eine Zweiheit, sondern ein nur durch den Tod
trennbares Einheitliches bilden, doch so, dass eine Verschiedenheit
zwischen beiden existire, als die Seele in der
That abhängig ist vom Körper und dennoch in Wahrheit
so sehr die Herrin des Leibes ist, dass, wenn sie denselben
im Tode verlässt, der Körper in seine Atome zerfällt. Der
Tod ist also die Lösung der Verbindung von Seele und
Leib. Was ist der Grund des Todes ? Der Reduer antwortet
hierauf: Der Materialismus behauptet, der Körper wird
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1887/0238