Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
14. Jahrgang.1887
Seite: 301
(PDF, 153 MB)
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Carl du Prel: Die Orakel.

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die Seele nicht durch göttliche Kräfte, sondern aus eigener
Natur weissagen kann.1) Diese Ansicht musste in dem
Maasse Platz greifen, als neben dem irdischen Bewusstsein
der Seele auch noch eine transcendentale Wesensseite derselben
anerkannt wurde, mit anderen Worten, als der Seele
selbst eine dämonische Natur zuerkannt wurde.

Als Plotin gestorben war, befrag Amelius das Orakel zu
Delphi, wohin dessen Seele gegangen sei; er erhielt als
Antwort ein Lobgedicht auf den Philosophen, worin gesagt
war, er sei nun ein Dämon.2) Timarchus erhielt in der
Höhle des Trophonius über den Dämon des Sokrates einen
Aufschluss, der die einzige richtige Lösung dieses Problems
enthält, der Dämon des Sokrates sei dessen eigene
Seele, also — modern gesprochen — sein eigenes trans-
cendentales Subjekt. Der in den Körper versenkte Theil
der Seele — so hiess es — heisse Seele; der vom Körper
unabhängige Theil dagegen Dämon; dieser Dämon bilde das
Gewissen; nach drei Monaten würde Timarchus mehr davon
erfahren. Nach drei Monaten aber starb derselbe.3) Damit
sind ganz richtig die mystischen Fähigkeiten
der Seele, nebst der Stimme des Gewissens,
dem transcendentalen Subjekt zugeschrieben.

Plutarch erzählt, dass am Eingang des Tempels zu
Delphi die Inschrift: „Erkenne Dich selbst!" zu lesen
war, worüber viele philosophische Untersuchungen angestellt
und aus jeder derselben, wie aus einem Samenkorn, eine
Menge von Schriften hervorgewachsen seien.4) Daraus geht
hervor, dass die Alten weit davon entfernt waren, dieser
Inschrift einen rationalistischen Sinn zu geben, und nach
einem mystischen suchten. Im gewöhnlichen Sinn ausgelegt,
bedurfte die Inschrift in der That keiner philosophischen
Untersuchungen. An einem Tempel angebracht, in dessen
Räumen von den transcendentalen Fähigkeiten des Menschen
Gebrauch gemacht wurde, konnte auch der Sinn der Inschrift
nur ein transcendentaler sein: „Die mystische Selbsterkenntnis
lässt die dämonische Natur der Menschenseele erkennen. Es
liegt darin ein weiterer Beweis, dass die Tempelpriester nicht
der Inspirationstheorie huldigten, sondern der Seele transcendentale
Fähigkeiten zuschrieben. Diess war übrigens
auch Lehre der Philosophen. Äenophon sagt nach Sokrates,
dass die Seele des Menschen am Göttlichen Theil habe.5)

1) Jambl, „de myst."

2) Zeller: „Phil. d. Griechen". III, 2, 470 Anm.
•) Fischer: „Der Somnambulismus". I. 164.

*) Plutarch: „Ueber die Inschrift Ei".
5) Xenophon: „memor". IV, 3. 14.

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