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338 Psychische Studien. XIV. Jahrg. 8. Heft. (August 1887.)
aber in den Büchern „De Ente spirituaii", in der „Philosophia
sagaxu, der „Occulta Philosophia" *) „De Morbis invisibilibus",
„De Fertilitate" und den „Fragmentis medicis" zerstreut
liegen.
Paracelsus ist nicht konsequent in der Anwendung der
Begriffe „Geist" und 7.Seele"; er gebraucht diese Worte bald
als Synonyma, bald im heutigen Sinn, meist aber so, dass
er mit „Geist" die Psyche und deren Aeusserungen bezeichnet
. Dies ist z. B. bei allen Aeusserungen über die
„psychische Kraft" der Fall, was wir den geneigten Leser
ganz besonders zu beachten bitten.
Im „Magnale magnum", welches sich etwa mit der
„Quinta Essentia" der Peripatetiker oder dem Weltäther
deckt, und das er auch das „Mysterium generale" nennt,
ruhen die „Mysteria specialia", sozusagen die geistigen
Formen der Arten, welche sich im „Ens spirituale" indivi-
dualisiren und zum Lebensprinzip werden, das gleichzeitig
der Sitz des Willens, der Leidenschaften etc. ist. Da nun
dieser „Geist" dem „Magnale magnum" entstammt, so kann
er durch dasselbe — also durch Aetherschwingungen — auf
andere Geister wirken. Ziemlich umfassend stellt Paracelsus
seine diesbezüglichen Ansichten in dem Buche „De Ente
spirituaii" mit folgenden Worten zusammen: — „Euch ist
zu wissen, dass im Leib ein Geist ist;**) nun gedenkt, zu
was der gut sei. Derselbige Geist im Menschen ist wesentlich
und sichtlich, greiflich und empfindlich den anderen Geistern,
um gegen einander zu rechnen, sind sie einander verwandt,
wie ein Körper dem andern, also: ich habe einen Geist,
der Andere hat auch einen Geist; die Geister kennen
einander wie ich und der Andere, sie üben ihre Sprache
mit einander wie wir, aber anders als unsere Red, sondern
was sie wollen." — Paracelsus nimmt also ein Fernwirken
yon Geist zu Geist an, welches sich — wie hier angedeutet
— entweder in übersinnlicher Gedankenübertragung, oder
aber, wie er in längeren abstrusen Sätzen ausführt, in Gefühlen
der Sympathie und Antipathie äussert, die ihrerseits
wieder den materiellen Körper beeinflussen. — Der Geist
ist vor der Geburt des Menschen und kurz nach derselben
sehr schwach und entwickelt sich erst mit dem Erstarken
des Willens, von dessen Kraft, nicht von dessen Vernunft,
seine Thätigkeit abhängig ist. „Also merket, dass die den
vollkommenen Willen haben und verhängen, die gebären in
*) Diese „Occulta Philosophia" ist nicht mit der des Agrippa,
welcher sie nachgebildet ist, zu verwechsein.
**) „Was nach dem Tode des Menschen geboren wird, ist die
Seele", L. c.
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