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Wittig: Geist-Erscheinung oder Betrug im Jahre 1787? 379
Anschauungen von Seiten der Theologen selbst war unleidlich
--die Ausschreitungen der Aufklärungsperiode
erforderten allerdings eine ßeaction von Seiten der Staatsgewalt
. --Eine Wiederbelebung des religiösen Geistes
war nöthig," — Es herrscht aber ein Unterschied zwischen
Ansichten, die im Amt und in der Seelsorge verbreitet, und
Ansichten, die schriftstellerisch ausgesprochen werden.
„Erklärte doch selbst ein so frommer Theologe wie Semmler,
nicht alle Bücher des N. T. seien verbindlich, nicht der
biblische Kanon, sondern die Wahrheit mache das
Wesen des Christenthums aus." Aber die Geistlichen
Hermes und Silberschlag waren wieder blindwüthende
Schwärmer und Fanatiker.
Es erhob sich hiergegen der Maurer-Orden stricter
Observanz (der mystischen Partei), in der es wieder
mehrere Richtungen gab, die sich unter einander bekämpften.
1770 stand Wöllner (1732 geboren) im Dienste des
Prinzen Heinrich von Preussen und war ein decidirter Anhänger
der Aufklärung. 1767 war er Meister und Mitglied
der Loge zur Eintracht der Mutterloge zu den drei Weltkugeln
in Berlin.
Friedrich Wilhelm IL trat 1772 bei den Freimaurern ein.
Die Gräfin Lichtenau setzt seine Bekehrung ins Jahr 1778.
Wöllner^ Prophezeihung über „Geisterseherei" wurde
damals in die „Allg. Deutsche Bibliothek" eingeschmuggelt.
(Sie näher kennen zu lernen, wäre höchst wichtig!)
„So drang die Schaar der Geisterseher und mystischen
Dunkelmänner immer weiter vor am preussischen Hofe.
Wer nicht zu ihr gehörte, hatte keine Aussicht auf Beförderung
. Schwere Besorgniss bemächtigte sich aller Edlen
und Wohldenkenden."
Hertzberg dagegen, ein Haupt der Aufklärer, behielt
seine Ministerstellung bis 1790 in den Sommer. Der aufklärerische
Cultusminister von Zedlitz, der eigentliche
Antipode Wöllner1 s, der Freund und Förderer Kan?&9
behielt seinen Posten nur bis 1788 und wurde bei seinem
Abgange mit dem Schwarzen Adlerorden bedacht.
Hermes und Hillmer sind Wöllner1® nächste Genossen —
sie machen geistliche Visitations - Reisen, auf deren einer
ihnen die Studenten in Halle die Fenster einwarfen. (So
weit meine Notizen.)
Auch das neueste Werk von B. Stadelmann: — „Preuasens
Könige in ihrer Thätigkeit iür die Landeskultur." III. Theil.
^Friedrich Wilhelm IL (Publikationen aus den königl. preuss.
Staats-Archiven XXV. Bd.) Leipzig, Hirzel, 1885. Till und
235 S. gr, 8°. M. 6 — ist nach seines Berliner Recensenten
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