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458 Psychische Studien. XIV. Jahrg. 10. Heft. (October 1887.)
dessen Verständniss er ohne gründliche Vertrautheit im
Somnambulismus für hoffnungslos erklärt. Er meint, wir
dürfen aus dem somnambulen Dasein einige Schlüsse ziehen
auf unser künftiges Dasein. „In der That fallen dem in
diesem Gebiete Bewanderten die Analogien in die Augen
zwischen den Fähigkeiten der Somnambulen und jenen der
sogenannten Geister." Das „sogenannte" wollen wir gelten
lassen, wenn nur diese Art transcendentaler Geister darunter
verstanden sein sollen. Ueber die wirklichen transcendenten
Geister des Jenseits ist und bleibt Referent bis zur Beibringung
schärferer Beweise entschieden anderer Meinung.
Aber das schliesst nicht aus, die von dem Herrn Verfasser
scharfsinnig in's Feld geführten Beispiele sorgfaltig zu
beachten und zu würdigen. Aus einem weit älteren Buche,
als der in Europa erst 1848 (genauer in Amerika schon
1844 mit Davis) auftretende moderne Spiritismus ist, nämlich
aus Dr. ß. P, Billofs „Recherehes psychologiques etc."
(Paris, Albanel Martin, 1839) 2 Bde., bringt er aus
Band II. 6 einen Bericht über eine Consultation am 17. October
1820, in der Dr. Billot bei einer halb erblindeten
Dame in kalter Jahreszeit plötzlich eine von dieser visionär
geschaute und zugleich auch wirklich in ihrem Schooss vorhandene
blühende Heilpflanze aus Kreta (rothblütiges
Pfefferkraut) vor sich hatte. „Wie und woher die Pflanze
gebracht worden, konnte nicht aufgeklärt werden. In seiner
Antwort auf diesen Brief erzählt nun seinerseits Dr. Deleuze
(II 1&), dass ein hervorragender Arzt in Paris ihm ebenfalls
Fälle solcher Art berichtet hätte. Dies also sind
Fälle von spiritistischem Apport aus dem Jahre 1820." —
Der Herr Verfasser meint, dass die Grenzlinien zwischen
Somnambulismus und Spiritismus flüssig seien, und dass
schliesslich auch die Hypnotiker noch spiritistischen Phänomenen
begegnen werden. Indess liegt doch selbst in solchen
Fälle?i noch kein strenger Beweis für Geisterwirkung. Bei der
Hypnose ergreift die Sinnesverrückung nur den Hypnoti-
sirten und seine Mithypnotisirten, nicht aber auch die Beobachter
. Zunächst haben wir es ja nur mit der Wirkung eines
sog. spiritistischen Mediums zu thun. Für die extremsten Endformen
des Spiritismus erklärt Verf. die Mater i alisationen.
Er begründet sie mit der Darwinschen Annahme eines
organisirenden Princips in den Lebewesen, das die Philosophie
schon seit Plato vorausgesetzt habe bis zu v> Hart-
manris „Unbewusstem" ,,Ein solches Princip aber, die Seele,
muss seinem Product, dem Leib, vorhergehen und ihn überdauern
. Dass diese Seele nur einmal von ihrer organisirenden
Fähigkeit Gebrauch machen könnte, nämlich bei Bildung
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