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Psychische Studien. XIV. Jahrg. 10. Heft. (October 1887.) 465
Liegt dem Volksaberglauben gar keine Wahrheit zu Gründe?
Von Gr. C. Wittig.
III.
(Fortsetzung von Seite 3B3.)
Unser Lausitzer Gewährsmann, der jüngst verstorbene
Schriftsteller, Ernst Willkomm berichtet hierauf weiter: —
„Wie es unaussprechlich öde Gegenden giebt, so
hat es der Natur auch gefallen, einzelne Landstriche mit
dem Schleier des Wunderbaren, des Ahnungsvollen, ja selbst
des Unheimlichen zu bekleiden. Mein Geburtsland ist sehr
reich an landschaftlichen Reizen. Die prachtvolle, reichgegliederte
Gebirgskette, welche die Oberlausitz von den Ausläufern
des Riesengebirges bis zu den Vorhöhen der sächsischen
Schweiz im Westen umspannt, kann mit schönsten
Berglandschaften Deutschlands wetteifern. Sanft gebettet
in das fruchtbare, korn- und obstreiche Doppelthal der
Mandau und Neisse liegt Zittau mit den zunächst angrenzenden
grossen und weitläufig gebauten Dörfern. So voll
malerischer Herrlichkeiten aber auch die ganze Umgebung
Zittau's ist, so viele Terrainabschnitte finden sich doch
darin vor, die auf den Beschauer den Eindruck des Schauerlichen
machen. Beschreiben lässt sich dergleichen nicht,
man kann es eben nur fühlen. Solcher Erdfalten, Thalmulden
und umbuschten Höhen gab es in unmittelbarer
Nähe und in geringer Entfernung verschiedene, und gerade
diese Oertlichkeiten waren im Munde des Volkes von nichtirdischen
Wesen bevölkert oder wurden zeitweise von gespenstischen
Erscheinungen heimgesucht. Der allernächste
Punkt, wo es sogar am lichten Tage umging, war der erwähnte
Schülerbusch, den wir schon in zehn Minuten
erreichen konnten. Auf uns Kinder übte diese waldige
Höhe trotz der Geister, die sie bewohnen sollten, eine
unwiderstehliche Anziehungskraft aus, und wir besuchten
ihn deshalb in jeder Stunde, über die wir frei verfügen
konnten.
„Diesem gegenüber, nur getrennt durch die rauschende
Mandau, erhebt sich der finster bewaldete Scheibeberg, so
benannt nach dem Orte Scheibe, welcher sich den Muss
entlang zieht und mit zu Herwigsdorf gehört. An den
schrägen Abhängen dieses Berges, die grösstenteils aus
Acker- und Wiesenland bestanden, gewahrte man des Nachts,
sowohl im Sommer wie im Winter, häufig hellauflohende
Flammen, die aber nach einiger Zeit wieder erloschen.
Ohne Zweifel waren es leuchtende Gase, die aus dem
Psychische Studien. Octolier 1887. 30
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