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472 Psychische Studien. XIV. Jahrg. 10. Heft. (October 1887.)
ist uns seit dem Jahre 1881 leider entrissen; er hat auch
eine 'Metaphysik' geschrieben. Fechner hat zwar kein Buch
mit diesem Titel geschrieben, ist aber entschieden ein
Metaphysiker, und wenn nicht der einzige in Deutschland,
so sicherlich der bedeutendste. — Was ist denn ein Metaphysiker
? Nun, es ist ein Weltweiser, welcher eine einheitliche
Weltanschauung gewonnen hat und darstellt; welcher
glaubt, die ganze Welt in ihren Haupterscheinungen begriffen
zu haben und erklären zu können als die vernünftige
und logisch nothwendige Entfaltung einer Grundkraft. Der
Metaphysiker also unterscheidet sich dadurch von dem
Logiker, Ethiker u. s. w., dass er allen Dingen und Ereignissen
der Welt seine Aufmerksamkeit zuwendet, um sie
als eine vernünftige Einheit, als eine logisch geordnete und
begreifbare Organisation zu erkennen." .... „Die
Natur erscheint Fechner als gottbeseelt. Die Welt um uns
ist ihm der lebendige Leib Gottes und die Erde ein gottbeseelter
Theil dieses Leibes. Wenn die Welt um uns der
Leib eines Geistes ist, so ist natürlich auch unser Leib,
als ein Theil der Welt, von seinem Leibe und unser Geist
von seinem Geiste. — Aber was soll es denn heissen zu
fragen, ob die Natur oder Welt eine Seele hat? Diese
J?rage heisst: 'Gehört zur Gesammtheit dessen, was mit
äusseren Sinnen erfasslich, was sichtlich, greif lieh ist, zu
dem Gesammtsystem der äusserlich um einander rollenden,
grünenden und blühenden, die Geschöpfe und ihre Geschichte
tragenden Weltkörper ebenso ein nur sich selbst erscheinendes
einheitliches Wesen, als zur Gesammtheit
dessen, was am Menschen sichtlich und greiflich ist,
zum Gesammtsystem seiner Blutwellen, Knochen, Adern,
Nerven ein solches gehört; ein Wesen, was ebenso wenig
mit Fernröhren, Erdbohrern, Maaszstäben, chemischen
Reagentien und aller Mathematik der Welt erkennbar ist,
als das entsprechende Wesen in uns mit Mikroskopen, Skalpellen
, chemischen Analysen und Mathematik. — techner
nennt es daher eine versteinerte Ansicht, dass die Erde ein
Stein sei; sondern wie die ganze Welt beseelt ist, so seien es
auch die Gestirne im Einzelnen44.....„Während man
nämlich gewöhnlich glaubt, dass sich die einfachsten Organismen
aus Unorganischem entwickelt haben (so auch
C. v. Naegeli, 'Mechanisch - physiologische Theorie der Abstammungslehre4
, 1884 S. 83 ff., 585 ff.), vertritt Fechner die
entgegengesetzte Ansicht, so dass die erste Enstehung von
Organismen aus einem Urzustände der Erde herzuleiten
wäre, welcher als organischer Zustand von ihm bezeichnet
wird. Nicht die Organismen haben sich aus dem Unorga-
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