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482 Psychische Studien. XIV. Jahrg. 11. EU*ft. (November 1887.)
Betrug, die andern durch Sinnestäuschungen, die einen
durch eine n-te Dimension, die andern durch teuflische und
dämonische Mächte, oder durch Elementargeister, und wieder
andere durch Gespenster und Seelen Verstorbener alles
erklären wollen: ein Faktum irgend welcher Art ist immer vorbanden
, möge es denn auch erklärt werden, wie es wolle! Da
diese Fakta nun aber psychische sind, mithin dem Experiment
bei weitem nicht in dem Maasse ein günstiges
Feld bieten, wie die physikalisch-chemischen Thatsachen,
so sind unsere Kenntnisse von den Bedingungen des Eintritts
und Ablaufs der okkulten Erscheinungen, von etwaigen
wichtigen Nebenumständen etc. auch entsprechend geringere.
Es liegt also daran, allen Wegen und Mitteln nachzuspüren,
auf und mit denen wir uns genauer über unser Thema
unterrichten können. Als ein solcher Weg, ein solches
Mittel erschien uns der Zweck dieses „Aufrufs": Das Volk
ist es, unter dem immer und tiberall Spuk und Doppelgängerei
, Sympathie und Hexerei, Ahnungen und Wahrsagerei
, zweites Gesicht, Wahr-Träume etc. etc. zu Tage
getreten sind; das Volk ist es, welches, von des Gedankens
Blässe nicht angekränkelt, in allen spontanen Dingen, die
zunächst nicht an den reflektirenden Verstand, sondern an
das gläubige Gemüth sich wenden, eine bessere, zutreffendere,
wahrere — eine Gottes-Stinime hat! Darum auf zur That,
anf znr gemeinschaftlichen Arbeit! Denn bei der relativen
Seltenheit dieser Erscheinungen kann der Einzelne unmöglich
hinreichende eigene Erfahrungen machen, um stichhaltige
Schlüsse irgend welcher Art daraus zu ziehen. Sur von
einer genauen, vorurteilslosen, gemeinsamen Beobachtung vieler
lässt sich eine allmähliche Lösung der Aufgabe erhoffen; nur auf
Grund eines möglichst umfangreichen, gut beglaubigten und gesichteten
Materials lassen sich gerechte Irlheile über die mystischen
Fragen fällen. Wie das Resultat auch immer ausfallen möge,
irgend ein Werth, wenn auch nur ein kulturgeschichtlicher, wird
ihm immer beizumessen sein. Keiner, der Interesse an unserm
Vorhaben hat, keiner, dem die Mittel zu Gebote stehen,
unserer bescheidenen Bitte nachzukommen, unterlasse es
also, sein Scherflein beizutragen! Keiner — denn unser
Aufruf richtet «sich an Männer und Frauen jedes Standes, an
Gelehrte und Ungelehrte, an Einzelne und Gesellschaften, die
vielleicht vermöge ihrer Stellung und Beschäftigung über
reichhaltiges Material verfügen. Wer immer ein Herz für
Zeitfragen hat, die tiefer liegen als die Tagesfragen von
heute und gestern, wir fordern ihn zur Mitwirkung auf und
bitten ihn, unter Berücksichtiguug der im unten abgedruckten
Fragebogen hervorgehobenen Momente, an den
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