http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1887/0516
504 Psychische Studien. XIV. «Mirg. 11. Heft. (November 1887.)
Wenn der Materialismus antwortet, die materiellen
Theilchen des Gehirns haben eine unrichtige Lage erhalten,
so kann man das glauben, wenn eine physische Verletzung
des Gehirnes stattgefunden hat; aber man kann es nicht
recht glauben, wenn die Ohnmachtsursache etwa durch Erschrecken
oder durch verschiedene andere, nicht physische
Umstände gegeben war; denn das Denken, das Bewusstsein,
der Geist, ist ja nicht Wirkung der Materie, wie ich bewiesen
habe.
Versuchen wir, ob dieser merkwürdigen Erscheinung
beizukommen ist. Wir haben den Geist des Menschen als
eine Kraft erkannt, welche zu Gedanken erst dann kommt,
wenn sie mit Gedankenbildkräften zusammentrifft, deren
Bedeutung sie kennt. Der Geist denkt also nicht , wenn
ihm Gedankenbildkräfte fehlen. Damit haben wir nun auch
schon das Räthsel gelöst. .Fällt der Mensch in Ohnmacht
und verliert er das Bewusstsein, so ist sein Geist abgesperrt,
er kann also zu den Gedankeubildkräften, welche im ätheren
Leibe offenbar an verschiedenen Stellen autbewahrt sind,
nicht gelangen, und so weiss er eben nichts, was mit seinem
physischen, was mit seinem ätheren Leibe geschieht! Und
kann man sich das Absperren des Geistes durch Hemmungen
vergegenwärtigen ?
Doch wohl. Die Untersuchungen des menschlichen
Leibes haben zweifellos ergeben, dass das Gehini der Sitz
des Denkens ist; sie haben ergeben, dass aus allen Gegenden
des Leibes eigens gebaute Leitungen, welche allgemein als
Nerven bezeichnet werden, in unzähligen Verästelungen
zu grosseren Leitungen zusammentreten und zum Gehirne
geführt werden, wo sie sich wieder in die Gehirnmasse verzweigen
. Die Gehirnmasse selbst, insbesondere die graue
Substanz, ist aber eine überaus grosse Summe von sogenannten
Nervenzellen, und in diesen scheint die Quelle
des menschlichen Bewusstseins zu liegen. Nach universalistischer
Anschauung ist jeder Nerv, wie bereits erwähnt,
ein doppelter, jede Nervenzelle eine doppelte, jeder Muskel
ist doppelt, und zwar nicht physisch doppelt gedacht, sondern
doppelt dadurch, dass das Gebilde zuerst als äthermaterielles
, dann aber als physisch-materielles
existirt; denn das ist ja nothwendig, weil jedes physische
Lebensgebilde zuerst äther vorgebildet wird, ehe dieses die
physische Materie um sich herum ordnet und das entsprechende
physische Gebilde erzeugt. Wir haben also
auch äthere Nervenzellen, äthere Nerven, äthere
Muskeln, somit auch ein ätheres Gehirn, ein äther es
Rückenmark, ein ätheres Sonnengeflecht u. a. m.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1887/0516