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512 Psychische Studien. XIV. Jahrg. 11 Heft. (November 188?.)
erscheinen, was unter physischen Umständen ganz und gar
denkwidrig ist. Sobald also der Geist mit der Seele vom
physischen Körper zum grössten Theile frei geworden,
stehen ihm andere Gedankenbildkräffce, andere Erfahrungen
zu Gebote, und nun muss er diesen gemäss seinen Denk-
prozess und die Handlungen seines ätheren Körpers einrichten.
Es werden also in den ätheren Organismus, in die ätheren
Nervenzellen Gedankenbildkräfte des ätheren
Lebens eingelegt, und wenn dann der äthere Körper in
den physischen zurückkehrt, und wenn Gruppen solcher
Gedankenbildkräfte, die im ätheren Leben erzeugt wurden,
in der freien Aetherschicht der ätheren Nervenzellen bleiben,
so haben wir nach dem Erwachen des physischen Leibes
einen Traum in der Erinnerung, in welchem Thätigkeiten
aus dem ätheren Leben mit Handlungen aus dem physischen
Leben verwoben sind. Vom Standpunkte des physischen
Lebens befinden sich also im Traume Widersprüche, die
der Geist zur Zeit der Gedankenproduktion im ätheren
Leben gar nicht haben konnte. Mir träumte einmal, als
ich im dritten Stockwerk eines Hauses wohnte, unter
meinem Zimmer tanzen Leute. Da mich das Gepolter
störte, griff ich mit einer Hand durch die Zimmerdecke,
um Jemanden beim Schöpfe zu erfassen, was mir auch
gelang. Allein jetzt fing von den unteren Personen, die
ich gar nicht sah, eine derselben meine Hand; ich wollte
mich befreien und zog und zog die Hand, worüber ich
erwachte. Ich hatte in Wirklichkeit beide Hände über dem
Kopfe liegen und hielt die eine Hand durch die andere
fest. Die Erinnerung an den Traum hat hier wieder die
Reihenfolge der Gedanken-Entstehung umgekehrt, aber der
Geist hatte zur Erklärung des ihm übermittelten Druckes
der Hände Gedankenbildkräfte aus dem ätheren
Leben verwendet.
Zu wiederholten Malen träumte ich, ich könne fliegen.
Ich übte mich darin, brachte es nach vielen Träumen zu
grosser Fertigkeit und gab schliesslich öffentliche Schaustellungen
meiner erworbenen Kunst. Das waren Thätigkeiten
des ätheren Lebens. Sie entsprechen den
Anfängen neuer ungewohnter Bewegungen, die physikalisch
für den ätheren Organismus möglich sind. Dass äussere
Ursachen solche Träume veranlassen, widerspricht nicht
dieser Ansicht über den Eingriff des ätheren Lebens in das
Seelen- und Geistesleben während des Schlafes; denn äussere
Ursachen können ja auch den vollen Uebergang ins äthere
Leben bewirken, den wir als Tod des physischen Leibes
bezeichnen.
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