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Wittig Ein Werk der Verteidigung f. d. psychische Theorie. 523
war. Und selbst Davis1 ,,Eine Stimme an die Menschheit"
hatte mit seinen damals und uns so neu erscheinenden
sozialistischen Lehren seine kurz vorhergegangenen und
gleichzeitigen sozialistischen Lehrmeister in Owen sen. und
dessen damaligen Anhängern. Wie solche Ideen in ein
dafür scheinbar ganz unerzogenes somnambules Hirn gelangen
, ist das gleiche Geheimniss, wie das Erwachen eines
jeden selbstdenkenden Genius in jedem Kinde. Der kleine
Davis war auch nicht ganz so geistesbeschränkt ? als seine
Schilderung von sich dies darzustellen scheint. Er hörte
genug in seinen verschiedenen elterlichen Heimathen und
Umgebungen, von den Sektenpredigern u. s. w., um seine
eigenen Ideen davon weiter zu entwickeln. Und die Geistergeschichten
und Märchen seiner Zeit und Kindheit haben
denen aller Zeiten ähnlich geklungen. Und wie Vieles
verdankt er nicht den Gesprächen mit seiner Mutter! Er
war also für derlei genügend prädestinirt. Und hierzu
kommt: der wahre Geisterglaube war von Anbeginn
vorhanden im Menschengemüthe, aber er nahm aus Uner-
fahrenheit desselben nur allerlei seltsame Gestaltungen und
Wandlungen an, die sich immer wieder in neue auflösten.
Schon jetzt genügen ja Vielen auch die alten spiritistischen
Experimente nicht mehr, welche in den ersten Beobachtern
vor 43 Jahren so viel Enthusiasmus, Gewissheit und Befriedigung
erregten. Man ist kritischer geworden. Viele
frühere Wunder, die man Geisterwirkungen zuschrieb, haben
sich in psychische und physiologische Prozesse des Somnambulismus
und Hypnotismus ebenso aufgelöst, wie d;e einstigen
Gottheiten der Gestirne in der alten Welt in die Gesetze
der Astrophysik der Neuzeit. Aber das Grund wund er
ihres räthselhaften Daseins ist darum doch geblieben
, wenn sich auch die phantastischen Vorstellungen
und Anschauungen über dieselben bedeutend verändert
haben. Und so bleibt auch die wirkliche Geisterwelt
für sich essentiell bestehen, selbst wenn alle Wundererscheinungen
des modernen Spiritismus sich mit der Zeit
in mehr oder weniger sinnlich-natürliche Vorgänge auflösen
sollten. Es werden mit gesteigertem Wissen und Wollen
immer neue seelische Wunder auftauchen. Die beobachtende
Welt wird an ihnen die Reichhaltigkeit ihres eigenen inneren
Seelen- und Geisteslebens erkennen, so weit unsere forschenden
Sinne reichen. Was über diese hinausliegt, wird darum nicht
verloren sein und nicht weniger existiren, wenn es auch noch
nicht, oder nicht mehr, anschaulich percipirt und erkannt
wird. „Denn was noch kein Auge gesehen und kein Ohr
vernommen, das hat Gott Denen bereitet, die ihn lieben!"
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