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560 Psyohische Studien. XIV. Jahrg. 12. Heft. (Dezember 1887.)
mit Gedankenbildkräften in Berührung tritt, so ist klar,
dass Störungen in der Verbindung von Seele und physischem
Körper gar oft auch vom Geiste werden empfunden werden;
sei es, dass die Störung zur Ursache wird, dass gewisse
Gedankenbildkräfte gar nicht entstehen können; sei es,
dass die Gedankenbildkräfte eine Missbildung erfahren, weil
die Organe in Folge der Störungen schlecht arbeiten; sei es,
dass Hemmungen in den Nervenbahnen eitstehen, welche
den Geist in seinen Bewegungen unterbrechen, oder sei es
in einer mehr oder weniger hochgradigen Loslösung der
Seele vom physischen Körper. In allen diesen Fällen
wird die Beziehung von Geist und Seele in irgend einer
Weise verändert. Niedere Veränderungen entziehen sich
meistens der Aufmerksamkeit, und erst in ausgesprochenen
Fällen der Störung pflegen die Beobachtungen möglich zu
werden.
Wir können die psychischen Veränderungen in zwei
Hauptgruppen hinsichtlich ihrer Entstehung eintheilen; m
Selbstveränderungen und in künstlich herbeigeführte Veränderungen
. Erstere entstehen in uns unbewusster Weise
durch den unserer Beobachtung sich entziehenden Kräfte-
prozess in Seele und Leib. Wir müssen sie hinnehmen,
wann und wie sie kommen, ohne ihrem Entstehen vorbeugen
zu können. Wir stehen ihnen etwa so gegenüber, wie der
Physiker dem Fallen der Meteorsteine. Wie aber auch die
Meteorsteine sehr werthvoller Bedeutung sind, indem sie
uns direkte Kunde über die Materie aus fernen Welträumen
bringen, so fehlt auch den psychischen Selbstveränderungen
ihre wichtige Bedeutung nicht; sie geben uns oft Kunde
über Seele und Geist in ungeahnter Weise.
Die künstlich herbeigeführten psychischen Veränderungen
verdienen in Hinsicht ihrer praktischen Bedeutung für das
physische Leben den Vorzug gegenüber den Selbstveränderungen
, weil sie sich wissenschaftlich intensiver verarbeiten
lassen, weil man die Bedingungen ihres Auftretens
und ihrer Modifikationen erforschen und dadurch zu neuen
Untersuchungen zum Nutzen der Menschheit gelangen kann.
Indessen gelangt man bei dem Suchen nach der Erklärung
der abnormen psychischen Phänomene doch immer
nur auf dieselbe Quelle, auf die Beziehungen zwischen Seele
und Geist und physischem Körper, nur die Ursachen der
Störungen sind bei der einen Erscheinungsgruppe unbekannt,
bei der andern ganz oder theüweise bekannt.
Wollen wir in die Erklärung des Entstehens der
abnormen psychischen Phänomene in dem Sinne eingehen,
wie es unsere hier entwickelte Naturauffassung erheischt,
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