http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1887/0577
Prof. Schlesinger: Die geistige Mechanik der Natur. 565
die ihm in der Hypnose auszuführen befohlen worden waren.
Wir wissen aus der Erfahrung, dass Mensehen sich einüben
können, zu jeder beliebigen Stunde des Nachts aus dem
Schlafe aufzuwachen. Es giebt daher Kräfte im Menschen,
welche sich für das Fühlen einer Zeitdauer einrichten
lassen und sozusagen Wache halten, um im bestimmten
Augenblick das Wecken zu vollziehen. Solche
Wach-Kräfte werden nun auch mit den andern Befehlskräften
vom Magnetiseur auf den Hypnotisirten übertragen.
Bei dem Erwachen sinken die übertragenen Gredankenbild-
kräfte in die physischen Nervenzellen und sind dem Geiste
unzugänglich. Zur bestimmten Zeit weckt die Wachkraft
den Gedanken, d. h. sie hebt die Gedankenbildkraft aus der
Tiefe der physischen Nervenzelle in die freie Aetherschicht
der ätheren Nervenzelle empor; der Geist gelangt zu dieser
Gedankenbildkraft, und es ist ihm, als wäre der Gedanke
von ihm selbst geschaffen, den er nun auch vermeintlich als
den eigenen ausführt.
Auf solche Weise ist schon thatsächlich durch Missbrauch
der Naturkräfte Unheil gestiftet worden.
Französische Aerzte befassen sich derzeit eingehend
mit der Frage, wie ein Missbrauch des Hypnotismus erkannt
werden kann, und die Zeitschrift „Sphinx" berichtet höchst
interessante Fälle dieser Richtung. So gab Liegeois einem
jungen Manne in der Hypnose ein unschädliches weisses
Pulver in Papier gewickelt, mit dem Bemerken, es sei
Arsenik. Zu Hause soll er es in Wasser auflösen und
seiner Tante, welche von dem Experimente verständigt
worden war, zu trinken geben, um sie zu vergiften. Der
junge Mann führte das aus, was er thun sollte, natürlich
ohne Erfolg. Als man des andern Tages ihn fragte, was
er am Abend gethan, wollte er es nicht glauben, und war
entsetzt über seine That.
Die Wirkungen des Hypnotisirens sind noch
viel zu wenig erforscht. Vielfach lassen sie sich zu
Heilungen*), anwenden, und dürfte gerade hierin Bedeutendes
von der Zukunft zu erwarten sein. Mit Nützlichkeit
und Schädlichkeit der Hypnose dürfte es sich aber
in der Zukunft wie mit manchen Genussmitteln verhalten:
*) Hierzu vergleiche man die Schrift: — „Sfatuvolence oder
der gewollte Zustand und sein Nutzen als Heilmittel in Krarapf-
zuständen und bei Krankheiten des Geistes und Körpers." Von
Dr. med. William Baker Fahnestock zu Lankester in Pennsylvania.
Deutsch von Gr. C, Wütig. (Leipzig, Osrvald Mutze, 1834). X und
45 S. gr. 8°.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1887/0577