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Carl du Prel: Wohin führt der Hypnotismus? H
der Hypnotismus schon mit verschiedenen anderen Wissenszweigen
in Grenzberührung gekommen: Professor Voisin
wendet ihn für die Psychiatrie an, LUgeois hat seinen Zusammenhang
mit der Strafrechtspflege in's Licht gestellt,
und verschiedene Forscher besprechen bereits seine Verwendung
zu pädagogischen Zwecken. In der „Revue de PHyp-
notisnie", die seit Juli 1886 erscheint, ist ein Organ geschaffen
, das den Leser über diese bedeutsame Bewegung
auf dem Laufenden halt.
Vielleicht würde dieser lobenswerthe Eifer jenseits der
Vogesen mit geringerem Enthusiasmus gemischt sein, wenn
der Endpunkt, in welchen der Hypnotismus aus innerer
Nothwendigkeit einmünden muss, schon klar in Sicht wäre,
— ein Endpunkt, nach welchem bewusster Weise hinzusteuern
kaum die Absicht der französischen Forscher ist;
vielmehr würden dieselben in dieser Richtung eine Gefahr
der Wissenschaft erkennen, und Mancher würde sich vielleicht
bedenken, weiter zu schreiten. Indessen ist jetzt eine
Umkehr schon nicht mehr möglich, man braucht daher
kein Bedenken mehr zu tragen, diese Gefahr zu signali-
siren, die ja schliesslich nur in einen Triumph der Wissenschaft
ausschlagen kann. Ich habe daher keine Gründe, es
zu verschweigen, dass der Hypnotismus auf dem besten
Wege ist, in den Spiritismus einzumünden.
Bekanntlich beherrscht der Hypnotiseur nicht nur das
Empfindungsleben seines Patienten, sondern auch seine Vorstellungen
, seinen Willen, ja sogar die organischen Punktionen
seines Körpers, und zwar nicht nur für die Dauer
des Schlafzustandes, sondern anch noch nach dem Erwachen
. Es ist durch eine ganze Reihe schlagender Experimente
festgestellt, dass dem Hypnotisirten Ideen eingepflanzt
werden können, die nach dem Belieben des Experimentators
lange Zeit latent bleiben, zur gewollten Stunde
aber — oft nach Wochen und Monaten, ja bis zu einem
Jahre — ins Bewusstsein des längst erwachten Hypnotisirten
treten und dann sein Gefühlsleben, seine Vorstellungen
, Handlungen und organischen Funktionen beeinflussen
. Das letztere insbesondere klingt unglaublich,
weil die organischen Punktionen unserem Bewusstsein und
unserer Willkühr entzogen sind. Und doch ist es so.
Bourru} Professor der Klinik in Rochester, hat folgendes
Experiment angestellt: — Mit einem beliebigen Instrumente
zeichnte er auf den beiden Vorderarmen eines Hypnotisirten
seinen Namenszug mit dem Befehl, um 6 Uhr Nachmittags
einzuschlafen und längs der bezeichneten Linien zu bluten.
Zur angegebenen Stunde schlief der Patient ein, und auf
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